Claudia Polenz musste zweimal lesen, was ihr der Apothekerverband Nordrhein per Fax zugeschickt hatte. Der Inhaberin der Vogelheimer Apotheke in Essen wurde mitgeteilt, dass Sie für Versicherte der Knappschaft fortan ein Medizinproduktebuch und ein Bestandsverzeichnis führen muss. Das bedeutet für die Apothekerin zusätzlichen Arbeitsaufwand – wieder einmal.
20 Minuten telefonierte Polenz mit dem Apothekerverband, um zu verstehen, was die neuen Regelungen für sie im Detail bedeuten. Mit dem neuen Medizinproduktegesetz gelten fortan strengere Ausweis- und Dokumentationsregeln. „Eigentlich hatte der Gesetzgeber festgelegt, dass die Einhaltung dieser Vorschriften Aufgabe der Krankenkassen ist“, so Polenz.
Nun beschloss die Knappschaft allerdings als erste Kasse, den Dokumentationsaufwand an Apotheker und Ärzte weiterzureichen. Künftig muss Polenz bei der Ausgabe von Medizinprodukten wie Milchpumpen, Blutdruckmessgeräten und ausgewählten Insulinpens ein Medizinproduktebuch und ein Bestandsverzeichnis führen. Pro Kunde würde das einen Zusatzaufwand von mindestens 15 Minuten bedeuten, schätzt die Apothekerin.
Zwar betreffe das nach ihren Erfahrungen nur drei bis vier Geräte pro Monat. Doch komme durch die Neuregelung noch weiterer Aufwand hinzu: „Ich musste mich selbst anderthalb Stunden einlesen. Nun muss ich noch meine Mitarbeiter schulen. Manche von ihnen tun sich mit den neuen Vorschriften schwer.“
Die verschärften Ausweis- und Dokumentationspflichten gelten deutschlandweit. Die Knappschaft wird nach Polenz Einschätzung nicht die einzige Krankenkasse bleiben, die den Aufwand an Apotheker und Ärzte weitergibt: „Die anderen Krankenkassen haben doch auch keine Lust auf die Mehrarbeit und werden bald nachziehen. Das bleibt dann wieder an uns als zusätzliche Arbeit hängen.“
Dass der bürokratische Aufwand für Apotheker gestiegen ist, bestätigte auch ein Sprecher des Geschäftsbereiches Vertragswesen des Apothekerverbandes Nordrhein. Der Verband betonte aber auch, dass die Knappschaft den Mehraufwand der Apotheker vergütet und zur Entlastung an einer technischen Lösung über das Online-Vertragsportal (OVP) gearbeitet werde. Zudem gebe es derzeit Gespräche auf Bundes- und Länderebene mit den Krankenkassen, sodass weitere Regelungen zur Umsetzung des Medizinproduktegesetztes möglich seien.
Bis zum 1. August gilt noch eine Übergangsfrist, bis dahin muss Polenz die Medizinproduktebücher und Bestandsverzeichnisse vorbereitet haben. „Das werde ich wohl außerhalb der Arbeitszeit erledigen müssen“, seufzt sie. Als ob der neue Rahmenvertrag nicht schon ärgerlich genug gewesen wäre, schiebt die Apothekerin hinterher.
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