Kiosk-Apotheke: „Wir sind längst Lotsen“ Carolin Ciulli, 28.04.2024 09:00 Uhr
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will bundesweit 1000 Gesundheitskioske aufbauen. Finanziert werden sollen sie von den Krankenkassen und Kommunen. Die Notwendigkeit einer Lotsenfunktion dieser Kioske kann das Apothekerpaar Janet und Dr. Jan Olgemöller verstehen. Sie beide haben ihre Apotheken in Essen längst zu Kiosken entwickelt.
Apotheken sind eigentlich bereits heute das, was Gesundheitskioske einmal sein sollten: ein niederschwelliges Angebot mit Lotsenfunktion. Diese Meinung vertreten die Olgemöllers. „Wenn die Politik die vorhandene Apothekenstruktur stärkt und ausbaut, erbringen wir gerne alle Kioskleistungen, für alle Altersgruppen und mit genau der Sprachkompetenz, die vor Ort benötigt wird.“
Vor knapp zwei Jahren präsentierte Lauterbach seine Eckpunkte zum Plan, deutschlandweit Gesundheitskioske zu etablieren. Nach den Vorstellungen des Ministers sollen sie beispielsweise Leistungen der medizinischen Behandlung, Prävention und Gesundheitsförderung vermitteln, allgemeine Beratungs- und Unterstützungsleistungen zur medizinischen und sozialen Bedarfsermittlung bieten und erforderliche Gesundheitsleistungen koordinieren und anleiten.
Nicht Doppelstruktur aufbauen
„In meinen Augen macht es keinen Sinn, eine Doppelstruktur aufzubauen, wo die Apotheken doch flächendeckend ‚noch‘ vorhanden sind“, sagt Janet Olgemöller, die bei ihrem Mann eine Filiale leitet. „Wir sind schon längst Lotsen im Gesundheitssystem, wir bekommen es nur nicht vergütet.“ Wie von Lauterbach in Kiosken gewünscht, werden in den beiden Apotheken auch Services wie Blutdruck- oder Blutzuckermessungen angeboten.
Jede Messung biete einen Anlass, das Gespräch aufzunehmen und für die Diagnostik weiterzuvermitteln. „Da bin ich doch bereits in der Kiosk-Situation“, sagt der Apotheker. „Die Kunden kommen mit Fragen zum Reha-Sport oder zur Physiotherapie und holen sich den ersten Rat dazu bei uns in der Apotheke.“
Nur danke es der Apotheke niemand, dass dieses Angebot seit Jahren zum Service gehöre. „Wir haben es sogar übererfüllt und einen ‚Gesundheitsführer‘ veröffentlicht.“ In der erstmals 2007 erschienen Broschüre listen sie für Essen alle Arzt- und Physio- sowie Rehapraxen auf. In der Broschüre stelle sich jeder Betrieb thematisch vor. Das Heft sei für die Kundschaft kostenlos und bereits in der fünften Auflage erschienen. Etwa alle drei Jahre aktualisiert Olgemöller die Inhalte.
Ohne Honorar funktioniert es nicht
„Wir empfinden es für unsere Kunden als wichtig, ihnen diese Daten zu geben.“ Die Broschüre sei eine Reaktion auf die MVZ-Bewegung gewesen. Etwa 200 Stunden Arbeit stecken in dem Projekt. Denn für aktuelle Informationen über die Praxen laufe er den Anbietern mitunter hinterher oder erstelle Fotos selbst. „Diese Leistungen müssen von der Politik honoriert werden“, fordern die Apotheker. Denn dann könne auch Personal dafür abgestellt werden. „Es funktioniert nicht weiter, das alles kostenlos zu machen. Wir sind bereits eine Art Kiosk-Apotheke und die meisten Apotheken könnten das auch sein.“