Keine Impfpflicht in Impfapotheken Alexander Müller, 13.01.2022 12:29 Uhr
Für die Arztpraxen gilt ab dem 15. März eine Impfpflicht. In einer Schulung der Apothekerkammer Berlin hieß es jetzt, dass auch in Apotheken, die gegen Covid-19 impfen, das gesamte Team einen Immunitätsnachweis vorlegen muss. Doch mit ihrer Interpretation des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) geht die Kammer über die politischen Forderungen hinaus. Denn laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) gilt die Impfpflicht für Apothekenteams gerade nicht.
Das Curriculum für die Schulungen ist mittlerweile von der Bundesapothekerkammer (BAK) veröffentlicht worden. In der kommenden Woche soll dem Vernehmen nach die neue BAK-Leitlinie zur Covid-19-Impfung in Apotheken folgen. Bei allen vorbereitenden Schulungen war der Bezugspunkt in den vergangenen Wochen daher meist die Grippeschutzimpfung in Apotheken.
So auch bei der Apothekerkammer Berlin. Und laut dieser Schulung ist unter den Schutzmaßnahmen nicht nur ein Impfschutz gegen Masern und Hepatitis vorgesehen, sondern auch gegen Sars-CoV-2. Als „Deadline“ ist der 15. März genannt, also der Stichtag für die Impfpflicht verschiedener Gesundheitsberufe. Auf mehrfache Nachfrage im Seminar wurde Teilnehmer:innen zufolge bestätigt, dass alle im Team gegen Covid-19 geimpft sein müssen, wenn die Apotheke diese Dienstleistung anbieten will.
Steuerberater Stefan Kurth von der Kanzlei Schneider & Partner wunderte sich über die entsprechende Mitteilung eines Mandanten. „Die Impfpflicht ist juristisch ein starker Eingriff in die Grundrechte – die Berufsausübungsfreiheit und das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Die Auslegung des IfSG muss daher außerordentlich restriktiv ausfallen und schließt eine Analogie aus“, so Kurth gegenüber APOTHEKE ADHOC.
Was meint das genau? Die Impfpflicht ist in § 20a des IfSG geregelt. Hier sind abschließend alle Einrichtungen aufgeführt, für die diese Vorgabe gilt, von Krankenhäusern über Dialyseeinrichtungen bis hin zu Arztpraxen und Rettungsdiensten. Apotheken tauchen in dieser Auflistung nicht auf, die Impfpflicht auf sie zu erstrecken, wäre die von Kurth angesprochene Analogie.
Bei der Apothekerkammer war man davon ausgegangen, dass Buchstabe i) die Apotheken mit meinen könnte, wenn diese Impfungen anbieten. Sie würden damit nämlich zu „Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe“ gehören. Allerdings ist diese Berufsgruppe definiert und umfasst unter anderem Logopäd:innen, Hebammen und Entbindungspfleger oder Physiotherapeut:innen.
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte schon Mitte Dezember auf Nachfrage von APOTHEKE ADHOC klargestellt, dass die Impfpflicht auch für impfende Apotheken nicht gilt: „Apotheken sind vom Gesetzgeber nicht in der Vorschrift aufgeführt worden, sodass Apotheker, die in einer Apotheke impfen (oder sonst ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen), nicht von der Impfpflicht umfasst sind.“ Nur Apotheker:innen, die in einer der genannten Einrichtungen tätig sein – etwa als Krankenhausapotheker:in – würden unter die Impfpflicht fallen.
Das hat das BMG auf Nachfrage heute noch einmal bestätigt: „Für die Frage, ob die einrichtungsbezogene Impfpflicht nach § 20a IfSG einschlägig ist, kommt es darauf an, ob die betroffene Person in einer der im § 20a Absatz 1 Satz 1 IfSG genannten Einrichtungen bzw. in einem dort genannten Unternehmen tätig ist. Apotheken gehören nicht dazu, insbesondere zählen sie nicht zu den Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe.“
Die Apothekerkammer Berlin will diese Hinweise nun schnell prüfen und gegebenenfalls die Informationen an die Mitglieder entsprechend anpassen. Möglicherweise gibt auch die BAK-Leitlinie hierzu noch eine Klarstellung.