Keine halben Sachen mehr Patrick Hollstein, 24.07.2009 13:36 Uhr
Mit dem Inkrafttreten der AMG-Novelle dürfen Apotheken seit gestern per Gesetz keine geteilten Tabletten mehr abgeben. Nur Rezepturen, „Blister aus unveränderten Arzneimitteln“ und Medikamente, die „in unveränderter Form abgefüllt werden“, sind laut Arzneimittelgesetz von der Zulassungspflicht befreit. Obwohl die Änderung abzusehen war, bringt das kurzfristige Inkrafttreten Apotheken und Blisterzentren in eine schwierige Lage.
Bislang reagieren die meisten Aufsichtsbehörden zwar „praxisbezogen“ und räumen eine ein- bis zweiwöchige Übergangsfrist ein, die im Gesetz nicht vorgesehen ist. Spätestens nach Ablauf dieser kurzen Frist droht den Apotheken aber im Zweifelsfall, wegen Inverkehrbringens eines nicht zugelassenen Arzneimittels belangt zu werden. Selbst das manuelle Teilen durch Apothekenmitarbeiter - ob in der Apotheke oder im Heim - ist nun verboten.
Die Umstellung läuft auf Hochtouren. Rund 500 Apotheken und ein Dutzend Blisterzentren müssen Medikationspläne, Bestände und Prozesse anpassen und dabei mitten in der Urlaubszeit Patienten, Heime und Ärzte einbinden. Zwar lassen sich Beobachtern zufolge mehr als 90 Prozent der Verordnungen umstellen, da die Produkte in niedrigeren Dosierungen auf dem Markt sind.
Doch gerade bei den Medizinern muss für eine dosisgenaue Verschreibung geworben werden: Um ihr Budget zu schonen, hatten die Ärzte in den vergangenen Jahren zunehmend Tabletten verordnet, die vor der Anwendung halbiert werden mussten.
Je nach Apotheke mussten zuletzt zwischen 15 und 40 Prozent aller Bestellungen in den Blisterzentren geteilt werden. Dies bedeutete einen erheblichen Mehraufwand, zumal die Arbeit nur von Hand durchzuführen ist. Zum Krümeln und Stäuben kam die regelmäßige Prüfung der Masse.
Entsprechend teurer war die Dienstleistung für die Apotheken, die ihrerseits nur die verordneten Packungen, nicht aber den Mehraufwand abrechnen konnten. Selbst für die Blisterzentren war die Dienstleistung offenbar ein Verlustgeschäft. Entsprechend positiv sieht man auf der einen Seite die Neuregelung, auch aus pharmazeutischer Sicht.
Dass auf der anderen Seite den Blisterzentren ein Wettbewerbsvorteil gegenüber großindustriellen Anbietern genommen wird, ist die Kehrseite der Medaille. Nicht umsonst vermutet daher so mancher Verblisterer den saarländischen Unternehmer Edwin Kohl in Allianz mit den Aufsichtsbehörden hinter dem Teilungsverbot. Aufzuhalten, daran sind sich alle Beteiligten einig, ist die individuelle Verblisterung dadurch jedenfalls nicht.