Kommentar

Kein Skonto, kein Kassenabschlag!

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Nach dem BGH-Urteil ist jetzt der Gesetzgeber am Zug.
Berlin -

Apotheken verlieren das Skonto beim Einkauf von Rx-Medikamenten, das hat der Bundesgerichtshof (BGH) soeben entschieden. Einmal mehr geraten Inhaberinnen und Inhaber damit zwischen die Fronten, denn ihrerseits müssen sie den Kassen einen solchen Nachlass gewähren. Am Ende könnte das Urteil aber die Krankenkassen treffen – wenn jetzt schnell und konsequent gehandelt wird. Ansonsten droht der Kollaps der Versorgung.

Schon 2017 hatte der BGH im Zusammenhang mit den Konditionen des Großhändlers AEP entschieden, dass bei rezeptpflichtigen Medikamenten nur die variable Spanne des Großhandelshonorars für Rabatte an die Apotheken genutzt werden darf, nicht aber der Fixzuschlag von aktuell 73 Cent. In der zweiten Runde ging es nun um das Skonto: Bis zu 3 Prozent zusätzlich zur gesetzlich festgelegten Marge konnten Apotheken bislang bei ihren Lieferanten erhalten, wenn sie ihre Rechnungen vorfristig beglichen.

Doch damit ist jetzt Schluss. Laut BGH sind auch „echte Skonti“ – also solche, denen tatsächlich eine Leistung, nämlich die frühere Zahlung, gegenübersteht – unzulässig, sofern der Einkaufsvorteil in Summe damit größer als 3,15 Prozent wird. Für Skonti gebe es überhaupt keine gesetzliche Grundlage, weil vom Grundsatz her die Zahlung sofort bei Lieferung fällig werde, hatte der Vorsitzende Richter in der Verhandlung erklärt. Alles andere sei eine reine Vertragsgestaltung, die sich nicht über geltende Vorschriften hinweg setzen dürfe.

Drohender Kollaps

Die ausführliche Begründung steht noch aus, aber die Folgen werden gravierend sein. Auf 22.000 Euro schätzt die Treuhand Hannover den durchschnittlichen Verlust pro Apotheke auf Ebene des Betriebsergebnisses, die Spanne reicht laut Branchenkennern von 18.000 bis 36.000 Euro. Viele Apotheken leben mittlerweile vom Skonto – Insider gehen davon, dass jede dritte Apotheke ohne diese letzte Stütze in akuter Schieflage wäre. Es droht der Kollaps.

Zahlreiche Kolleginnen und Kollegen stellen sich die Existenzfrage – wieder einmal werden die Apotheken zerrieben zwischen den rigiden Vorschriften des Sozialversicherungssystems und den Bedingungen des freien Marktes.

 

Einen Ausweg aus der Misere gibt es. Denn ihrerseits müssen die Apotheken den Krankenkassen nämlich ebenfalls einen Zwangsrabatt für die rechtzeitige Zahlung gewähren. Der Kassenabschlag nach § 130 Sozialgesetzbuch (SGB V) in Höhe von 1,77 Euro beziehungsweise derzeit 2 Euro wird im Gesetzestext sogar explizit an ein Zahlungsziel geknüpft: „Die Gewährung des Abschlags setzt voraus, dass die Rechnung des Apothekers innerhalb von zehn Tagen nach Eingang bei der Krankenkasse beglichen wird.“ Das Nähere regele der Rahmenvertrag nach § 129.

Win-Win für Kassen und Apotheken

Und es gibt längst höchstrichterliche Entscheidungen, die diese Verknüpfung bestätigen. So hatte das Bundessozialgericht (BSG) schon 2012 entschieden, dass Kassen den Anspruch auf den Abschlag verlieren, wenn sie die Apotheken allzu lange auf ihr Geld warten lassen. Die Rabattierung sei in das System der Arzneimittelvergütung für die Apotheken durch die Krankenkassen integriert, heißt es dort – und zwar im Interesse beider Seiten: Während die Apotheken zeitnah ihr Geld bekommen sollen, wird den Kassen zu einer zusätzlichen Einsparung verholfen.

Wörtlich heißt es: „Der Apothekenrabatt dient heute allein dazu, bei sich weiterhin dynamisch entwickelnden Arzneimittelkosten einen Einspareffekt bei pünktlicher Bezahlung zu bewirken und dem gesetzgeberischen Ziel der Beitragssatzstabilität [...] Rechnung zu tragen. Der Apothekenrabatt als – geringfügige – Kürzung des gesetzlichen Vergütungsanspruchs des Apothekers gegen die Krankenkasse erhält durch die Bindung an die Zehntagesfrist nach Rechnungseingang [...] den Charakter eines Skontos für die alsbaldige Zahlung.“

Anders als beim Einkauf gibt es bei der Abrechnung also sehr wohl eine gesetzliche Grundlage für Skonto bei Rx – und zwar im Sinne einer Win-Win-Situation. Damit die Apotheken nicht zerrieben werden, muss der Gesetzgeber jetzt handeln und den Kassenabschlag sofort außer Kraft setzen. Das ist seine Verantwortung für die Gewähr der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung, auf die die Apotheken und die Menschen im Land einen grundrechtlichen Anspruch haben.

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