Ozempic (Semaglutid, Novo Nordisk) ist seit Monaten von Lieferengpässen betroffen. Der Beirat für Liefer- und Versorgungsengpässe hat bereits im vergangenen Jahr Empfehlungen zur Sicherstellung der Versorgung von Typ-2-Diabetiker:innen ausgesprochen. Dennoch gibt es in den Apotheken zum Teil Wartelisten. So auch in der Apotheke zur Post in Köln. Als wäre der Engpass nicht schon Aufregung genug, stellt sich noch dazu eine Praxis quer: Denn die will keine neue Verordnung ausstellen und verlangt Beweise dafür, dass das bereits abgelaufene Rezept nicht beliefert wurde.
Anfang August reichte ein Stammkunde ein E-Rezept vom 23. Juli über Ozempic 1 mg zu drei Stück ein. Das Arzneimittel war zum Zeitpunkt nicht lieferbar, Apothekerin Hayriye Polat setzte den Patienten auf die Warteliste der Apotheke und legte eine Nachlieferung an. „In der vergangenen Woche haben wir Ozempic bekommen und den Kunden angerufen, dass er das Arzneimittel abholen kann. Weil das alte Rezept abgelaufen ist, haben wir ihn gebeten, sich ein neues von der Praxis ausstellen zu lassen“, erzählt die Apothekerin.
Doch die Praxis weigert sich, eine neue Verordnung auszustellen, und zwar so lange, bis die Apotheke beweisen kann, dass das alte Rezept nicht abgerechnet wurde. Doch wie soll die Apotheke den Beweis erbringen? „Bei uns im System ist das E-Rezept nicht mehr auffindbar“, erzählt Polat.
Ob das E-Rezept nach dem Stornieren in der Apotheke gelöscht wurde, ist nicht mehr nachvollziehbar. Polat hat sogar den Softwareanbieter kontaktiert. „Auch ADG kann bestätigen, dass wir dieses Rezept nicht abgerechnet haben. Es ist nirgends in der TI auffindbar.“ Der Leidtragende ist der Kunde. „Die Praxis stellt sich stur und der Patient bleibt auf der Strecke, er bekommt erst im nächsten Quartal ein neues Rezept.“
Und das, obwohl die Apotheke viel Zeit in Telefonate investiert hat, um das Problem zu klären und eine Lösung zu finden. „Schade, dass teilweise so ein Misstrauen unter den Gesundheitsberufen herrscht. Das ist nicht patientenorientiert“, ärgert sich Polat. Einen echten Vorwurf will sie der Praxis nicht machen und sie auch nicht als Schuldigen darstellen. „Der Fall zeigt, wie sehr das Gesundheitssystem unter Druck steht. Die Praxen fürchten Regresse und die Apotheken Retaxationen. Alle Beteiligten wollen sich vor Kürzungen schützen.“
Für Polat wirft der Fall auch ein schlechtes Licht auf das E-Rezept. „Schade, dass das E-Rezept für so viel Intransparenz sorgt.“ Ein nicht abgerechnetes Papierrezept hätte einfach in die Praxis gereicht werden können. Bei einem E-Rezept ist dies nicht möglich. „Es sollte beim E-Rezept 1:1 nachvollziehbar sein, wo sich die Verordnung gerade befindet. Vor allem die Praxis sollte den Weg nachvollziehen können; von der Verordnung bis zur Abrechnung.“
Natürlich hätte die Apotheke das alte Rezept mit einem Vermerk der Nichtverfügbarkeit als Begründung der Überschreitung der Erstattungsfrist in die Abrechnung geben können. Aber eine Sicherheit, dass die Verordnung nicht retaxiert wird, ist die Dokumentation nicht.
Möglich macht dies der Rahmenvertrag in § 6 Absatz 2 g7. Demnach kann ein Arzneimittel auch nach Ablauf der Belieferungszeit von 28 Tagen nach Ausstellung abgegeben werden, wenn eine Arztrücksprache und die Gründe für die Fristüberschreitung im elektronischen Abgabedatensatz ergänzt und mittels qualifizierter elektronischer Signatur signiert werden. Doch Kassen handeln nicht immer mit Augenmaß und retaxieren Fristüberschreitungen.
„Ich wünsche mir, dass es weniger Misstrauen zwischen den Beteiligten gibt und wir Hand in Hand zum Wohle des Patienten handeln können, ohne unter diesem großen Druck zu stehen. Das ist Lauterbachs Gesundheitsstruktur!“
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