ApoRetro – Der satirische Wochenrückblick

Kein Kassenabschlag für Silver-Ager-Apotheker

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Berlin -

Fachkräftemangel besiegen, indem die älteren (noch fitten) Best-Ager-Fachkräfte einfach länger arbeiten – keine neue Idee der FDP, aber der eine Apotheker oder die andere Apothekerin zeigen bereits wie es geht. Da stehen die weit über 70-Jährigen noch immer topfit in der Offizin und ihren Kundinnen und Kunden mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung zur Verfügung. Doch lohnen muss es sich. Was es braucht, um auch im Alter noch aktiv im HV zu helfen? Ganz klar: eine entsprechende Entlohnung. Die Abda hat daher den entsprechenden Entwurf beim neuerdings fürs Apothekenhonorar zuständige Bundesgesundheitsministerium (BMG) eingereicht.

Andere Berufsgruppen machen es vor: Der schon seit Langem von Personalengpässen gebeutelte Lehrerberuf wird derzeit beispielsweise in Brandenburg für die älteren Semester wieder attraktiver gemacht. Monatlich winken zusätzlich 700 Euro für das erste, 800 Euro für das zweite sowie 900 Euro ab dem dritten Schuljahr in Vollzeit für diejenigen, die über dem eigentlichen Renteneintritt im Dienst verbleiben. Hier sind also Gelder aufzutreiben, um dem Personal auch im betagteren Alter das Arbeiten schmackhaft zu machen. Für einige Lehrkräfte ist das ein echter Anreiz, ein paar Monate dranzuhängen.

Doch die Bereitstellung solcher Gelder für die Apothekeninhaber:innen sitzt nun einmal an anderer Stelle. Wäre das Land hier jeweils zuständig, gäbe es für Apotheken vielleicht schon ganz andere Lösungen. Aber jetzt sitzt das Honorar nun mal an anderer Stelle. Noch wartet die Apothekerschaft immer noch auf die Apothekenreform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und harrt der Dinge, die da kommen. Auch das eigene Honorar sowie die Gehälter der Angestellten hängen damit immer noch in der Schwebe.

Doch mit den Ärzten als Vorbild gibt es nun zumindest einmal einen konkreten Vorschlag, etwas zu verbessern. Viele Apotheker wie Reinhard Rokitta mit seinen 73 Jahren oder aktuell Hasan Gürcan-Kempfer mit seinen 76 Jahren zeigen, dass es geht – solange es gesundheitlich geht, versteht sich. Was mancherorts aus der Not heraus passiert, da einfach kein:e Nachfolger:in aufzutreiben ist, oder an anderer Stelle einfach aus purer Freude an der Berufung, soll nun auch entlohnt werden, findet die Abda.

Alter sticht Abschlag

Der Chef der Bundesärztekammer (BÄK), Dr. Klaus Reinhardt, forderte diese Woche auf dem Deutschen Ärztetag in Mainz Steuervorteile für Mediziner, um sie angesichts des Ärztemangels zur Weiterarbeit im Rentenalter zu bewegen. Bei den Apotheker:innen wird es eine andere Stellschraube werden: Der ohnehin schon mindestens seit dem Skonto-Urteil zur Disposition gestellte Kassenabschlag soll dran glauben müssen.

Wer also nach seinem eigentlichen Renteneintrittsalter der Offizin treu bleibt, spart sich den Kassenabschlag und hat so zum Ende der Karriere zumindest noch einmal die Chance, dass etwas vom in der Apotheke umgesetzten Geld hängen bleibt. Seit dem 1. Februar 2023 unterstützen die Apotheken die finanzschwachen Krankenkassen durch den erhöhten Apothekenabschlag, den sie ihnen einräumen (festgehalten im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz). Noch bis zum 31. Januar 2025 geht das so (mindestens). Die 2 Euro, die die Apotheken damit pro Fertig-Rx den Kassen spenden, sollen damit ab sofort bei den Silver-Ager-Apotheker:innen verbleiben.

Was noch fehlt: die Zustimmung der Kassen. Aber da auch denen daran gelegen seien sollte, dass die Apotheken insgesamt weiter versorgen und damit auch insgesamt weiter Geld ins System bringen, rechnet sich die Abda gute Chancen für den eigenen Vorschlag aus. Parallel sollen auch die angestellten Pharmazeut:innen und Pharmazieingenieur:innen profitieren: Im Topf des Nacht- und Notdienstfonds (NNF) schlummern weiterhin viele nicht abgerufene Millionen – ein paar hundert Euro pro Monat möchte man hiervon künftig für im Dienst verbleibende DDR-Veteranen locker machen.

Kassen knapp bei Kasse

Damit gäbe es zumindest ein Problem weniger. Ein schnell beseitigtes Problem; das BMG bleibt außen vor, sollten sich Abda und Kassen tatsächlich auf direktem Weg einigen. Und Lauterbach kann weiter am Apothekenhonorar rechnen – nur er selbst weiß wohl, wann hier etwas kommt. Sofern überhaupt etwas kommt, was das Honorar anhebt.

Welche Chance die Ärzt:innen wohl mit ihrer Forderung für ältere Kolleg:innen haben? Immerhin wird schon das aktuelle Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) als großes Zugeständnis an die Ärzteschaft gewertet. Also aus Sicht der Kassen.

Zu Reinhardts Vorschlag mit der Steuerentlastung für ältere Praxisinhaber:innen kam der Verweis auf rund 4800 unbesetzte Hausarztsitze, in den Krankenhäusern herrscht ähnlicher Personalmangel. Hinzu komme, dass heute fast jeder vierte berufstätige Arzt 60 Jahre oder älter sei. „Wir stehen also vor einer massiven Ruhestandswelle, die das Problem weiter verschärfen wird“, warnte der Ärztepräsident.

Bereits vor einigen Wochen hatte Dr. Dirk Heinrich, Vorsitzender des Virchowbunds, eingeräumt, dass es mindestens in den kommenden zwölf Jahren aufgrund der Abgänge der Boomer ein Loch gebe. „Das heißt: Wir müssen in der Zeit sehen, dass möglichst wenige Kolleginnen und Kollegen frühzeitig in Rente gehen.“ Dafür müssten aber die Rahmenbedingungen so attraktiv wie möglich sein, dasselbe gelte für den Nachwuchs: „Der Niederlassungswille ist nach wie vor da. Wenn ich abschreckende Instrumente wie die Regresse abschaffe, werde ich auch Leute finden, die sich niederlassen.“

Im Alter nur noch Einzelkämpfer

Auch Kammerpräsent Jens Dobbert beschreibt die Lage der brandenburgischen Apotheken als „gar nicht rosig“. In 127 der rund 540 Apotheken im Bundesland arbeitet die Inhaberin beziehungsweise der Inhaber als einzige approbierte Fachkraft. Außerdem sind in etwa derselben Anzahl die Selbstständigen bereits über 60 Jahre alt und damit nahe am Renteneintrittsalter. Da voraussichtlich auch kaum jemand eine der vielen eher umsatz- und ertragsschwachen Apotheken übernehmen möchte, wird sich auch hier vielleicht so manche:r Inhaber:in gezwungen sehen, weit über 65 Jahren im HV zu stehen. Und das ohne zusätzlichen Bonus durch den Kassenabschlag. Einfach so – wegen ihrer Patientinnen und Patienten.

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