Kein Impfstoff unter dieser Nummer Nadine Tröbitscher, 31.10.2018 10:06 Uhr
Wo bitte bleibt der Grippeimpfstoff? „Jetzt gegen Grippe impfen“, ist in vielen Arztpraxen zu lesen, aber womit? Denn Vakzine sind Mangelware. Für rund 15 Millionen Impfdosen hat das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) die Chargenfreigabe erteilt. Bei der lausigen Impfquote der Grippesaison 2017/18 von etwa 35 Prozent vielleicht genug für 82 Millionen Menschen, aber in diesem Jahr deckt das Angebot die Nachfrage bei Weitem nicht. Sanofi liefert aktuell die letzten 600.000 Impfdosen Vaxigrip Tetra aus. Ein Apotheker aus Sachsen ist mit seinem Latein am Ende.
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Wer sich in Sachsen an seinen Verband gehalten hat und dachte, die Hersteller werden es schon richten, wird bitter enttäuscht. Denn die Vorgabe lautete, keinen Grippeimpfstoff vorzubestellen. Zu groß war im Vorfeld das Hickhack um die Vakzine, erzählt ein Apotheker aus dem Freistaat. Nun hat er das Nachsehen, denn vergeblich versucht er bei den Großhändlern, die von den Ärzten nachgefragten Impfdosen zu bestellen. Denn auch die Niederlassungen müssen passen. Eine Absage hat der Apotheker auch von Sanofi erhalten – jedoch nicht persönlich, sondern per Band.
„Bei Sanofi lief lediglich ein Band. Mir wurde mitgeteilt, dass Vaxigrip Tetra zehn Stück mit Kanüle seit der 43. Kalenderwoche über den Großhandel zu beziehen sei. Aber der Großhandel hat keine Ware“, ärgert sich der Apotheker. „Somit sind Kinder und Jugendliche nicht impfbar, denn Influvac Tetra (Mylan) ist erst ab 18 Jahren zugelassen.“ Außerdem sei laut Bandansage Vaxigrip Tetra zu 20 Stück ausverkauft. Was war los bei Sanofi? Traute sich niemand mehr ans Telefon?
Der Konzern bestätigt auf Nachfrage, aus personellen Gründen zur Notlösung des Anrufbeantworters gezwungen zu sein. Richtig ist auch, dass verschiedene Packungen bereits abverkauft sind. Aktuell würden sukzessive die letzten 600.000 Impfdosen Vaxigrip Tetra mit Kanüle zu zehn Stück an die Großhandelsniederlassungen ausgeliefert. Dabei handele es sich um Vakzine, die verspätet angeliefert wurden. Es werde keine Region bevorzugt.
Alle Vorbestellungen wurden ausgeliefert, teilt eine Sanofi-Sprecherin mit. Zusätzlich wurde eine Menge „on top“ kalkuliert und produziert. Denn aus einigen Regionen hatte Sanofi keine Vorbestellungen erhalten. In den Gebieten, wo von vornherein klar war, dass es keine Festpreise geben würde, gibt es offenbar auch keine Probleme. Denn hier hatten die Apotheken – ohne Sorge vor möglichen späteren Einschränkungen – ihre Vorbestellungen rechtzeitig abgegeben.
Haben die letzten 600.000 Impfdosen das Lager verlassen, ist Schluss für diese Saison. Denn die saisonalen Grippeimpfstoffe lassen sich nicht so schnell nachproduzieren. Außerdem läuft gerade die Impfstoffproduktion für die südliche Hemisphäre.
Eine schwierige Lage angesichts des Rufes nach einer höheren Durchimpfungsrate. Denn einfacher als durch einen kleinen Piks kann man sich wohl nicht vor der echten Grippe schützen. Dennoch wurden dem Vernehmen nach die Vorbestellungen auf Basis der letzten Jahre ermittelt. Angesichts der schweren Grippewelle 2017/18 und den Ergebnissen einer Umfrage im Auftrag von Sanofi und GfK hätte jedoch klar sein müssen, dass die Nachfrage in dieser Saison höher seiner würde: Demnach wollten sich 63 Prozent mehr Menschen als im letzten Jahr impfen lassen. Dennoch hatten alle Seiten Angst vor dem finanziellen Risiko – auch aufgrund der Vertragspreise, die die Apotheken von Vorbestellungen abhielten. Auch Großhändler fürchteten, auf den Impfdosen sitzen zu bleiben. Sind also die vielen Reglements Schuld am derzeitigen Engpass?
Der Apotheker aus Sachsen will für die kommende Saison jedenfalls vorsorgen und sich mit den Ärzten rechtzeitig an einen Tisch setzen, um verbindliche Bestellungen aufzunehmen. Denn am Ende fällt der Engpass auf ihn zurück: „Die Patienten und Ärzte stehen in der Apotheke und sehen mich in der Verantwortung. Nicht den Großhandel oder die Industrie.“
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