Mehrkostenregelung

Kassenabschlag zwischen Patient und Apotheke Désirée Kietzmann, 07.12.2010 13:08 Uhr

Berlin - 

Ab Januar stehen die Apotheken vor neuen Herausforderungen. Sie müssen Patienten erklären, dass es künftig trotz Rabattverträgen und aut idem-Regelung möglich ist, ein Arzneimittel zu bekommen, das die Kasse bislang nicht gezahlt hat. Die Patienten müssen dazu zunächst den kompletten Apothekenverkaufspreis entrichten. Wie sich die Kassen dennoch Herstellerrabatt und Kassenabschlag sichern, ist noch nicht geklärt.

Auch wenn sich der Patient für die Mehrkostenregelung entscheidet, werden die Kassen nicht auf die Rabatte von Herstellern und Apotheken verzichten wollen. In der Begründung zum Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) heißt es, dass weder Versicherte noch Krankenkassen mit den Herstellerabschlägen belastet werden sollen. Vom Apothekenrabatt ist keine Rede; allerdings wird den Kassen zugesichert, dass sie dem Versicherten nicht mehr erstatten müssen, als sie auch im Rahmen des Sachleistungsprinzips gezahlt hätten.

Da beide Abschläge bislang bei der Abrechnung über die Rechenzentren einbehalten werden, muss also eine neue Lösung gefunden werden. Für AOK-Rabattchef Dr. Christopher Hermann ist klar, dass die Zwangsrabatte nicht beim Patienten landen dürfen: „Es ist nicht die Absicht der Regelung, dass Anreize für die Apotheke gesetzt werden, aktiv eine Beratung hin zu anderen Arzneimitteln vorzunehmen“, so Hermann gegenüber APOTHEKE ADHOC.

Derzeit verhandeln der GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband (DAV), wie sich die Apotheker verhalten sollen. Der Rahmenvertrag soll entsprechend angepasst werden; konkrete Ergebnisse der Gespräche sind aber noch nicht bekannt.

Den Einzug des Herstellerrabatts könnte künftig die beim PKV-Verband angesiedelte Clearing-Stelle übernehmen, die den Abschlag ab kommendem Jahr auch für Privatpatienten und GKV-Selbstzahler eintreiben soll.


Bei den Kassen spekuliert man darauf, dass die hohe Selbstbeteiligung ohnehin abschreckend wirkt - und setzt dabei auch auf die Apotheker: „Ich hoffe, dass die Apotheker ihrer Beratungspflicht nachkommen, denn der Versicherte bleibt auf einem hohen Eigenanteil sitzen“, sagt Hermann. Denn die Frage, wie hoch die zu tragenden Mehrkosten tatsächlich sind, werden die Pharmazeuten kaum beantworten können: Jede einzelne der insgesamt mehr als 100 Kassen soll laut AMNOG in ihrer Satzung festlegen, wie sie ihren Versicherten die Kosten erstatten will.

Bei der Kostenerstattung soll laut AMNOG die Differenz zwischen abzugebendem und gewähltem Arzneimittel berücksichtigt werden; hat die Kasse einen Rabattvertrag mit einem Hersteller, muss der Patient zusätzlich die entgangenen Konditionen übernehmen. Neben der ohnehin fälligen Zuzahlung muss der Patient auch eine Verwaltungsgebühr tragen.

Da die Kassen ihre Rabatte nicht transparent machen, sollen die Abschläge pauschaliert erfolgen - eine Aufgabe, die durchaus als Herausforderung zu verstehen ist. Denn während die Rabatte bei einigen Präparaten im Cent-Bereich liegen, sind es bei anderen hohe dreistellige Summen. Wird die Pauschale zu hoch angesetzt, wird der Patient benachteiligt, ist sie zu niedrig, wird der Erlös aus den Rabattverträgen minimiert.

Die AOK wird voraussichtlich vom Apothekenverkaufspreis ausgehend fünf verschiedene Erstattungs-Staffeln festlegen. Auch bei anderen Kassen wird noch gerechnet. Bis Ende Dezember sollen die überarbeiteten Satzungen stehen.