Apothekenhonorar

Angriff auf Kassenabschlag 2009

, Uhr aktualisiert am 08.07.2013 16:00 Uhr
Berlin -

Mit dem Deal zum Kassenabschlag haben Krankenkassen und Apotheker vorerst Ruhe – vor 2015 muss nicht mehr verhandelt werden, die Paketlösung gilt zudem rückwirkend für 2009 und 2010. Genau deshalb könnte es aber bald neue Verfahren um den Abschlag geben: Bei strenger Auslegung haben einige Kassen für 2009 überhaupt keinen Anspruch auf den Zwangsrabatt – weil sie ihre Rechnungen nicht pünktlich bezahlt haben sollen. Die Rechtsanwälte stehen für die Apotheken bereit.

Hintergrund ist die Rückabwicklung zum Abschlag für 2009. Die Schiedsstelle hatte den Abschlag Ende 2009 auf 1,75 Euro festgesetzt. Dagegen hatte der GKV-Spitzenverband geklagt und zunächst weiter mit 2,30 Euro abgerechnet. Im Mai 2010 hatte das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) dann aber die sofortige Vollziehung des Schiedsspruchs angeordnet.

Eigentlich hätten die Kassen damit die Differenz zum alten Abschlag von 2,30 Euro sofort zurückzahlen müssen. Denn laut Sozialgesetzbuch besteht der Anspruch auf den Großkundenrabatt nur, wenn die Abrechnungen der Apotheken binnen zehn Tagen gezahlt werden. Diesen Grundsatz hat das Bundessozialgericht in einem Verfahren um eine ungerechtfertigte Retaxation zwischenzeitlich bestätigt.

Viele Kassen hatten jedoch damals nicht sofort bezahlt, sondern von den Apothekern und ihren Rechenzentren weitere Daten gefordert. Weil damit die Frist überschritten wurde, klagt ein Apotheker bereits gegen vier Krankenkassen auf Rückzahlung des kompletten Kassenabschlags für 2009. Es geht um knapp 80.000 Euro. In erster Instanz hat er vor dem Sozialgericht Berlin verloren, die Sache liegt jetzt beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg.

Vertreten wird der Apotheker von Rechtsanwalt Dr. Johannes Kevekordes aus Hannover. Der verspürt durch die Paketlöung zum Abschlag neuen Aufwind für sein Verfahren: „Wäre der Schiedsspruch 2009 von den Gerichten gekippt worden, hätte das auch unserem Rechtsstreit die Grundlage entzogen. So aber ist der Weg frei“, sagt Kevekordes.

Aus seiner Sicht stehen die Chancen der Apotheker nicht schlecht. Die Kassen hätten sich zwar damals auf eine Einigung mit dem Deutschen Apothekerverband (DAV) zu den Rückzahlungsmodalitäten berufen. Die Verspätung sei damit von den Apothekern akzeptiert worden. Doch laut Kevekordes handelt sich um individuelle Ansprüche der Apotheker. Ohnehin sei die Forderung der Kassen nach weiteren Daten seinerzeit unbegründet gewesen, weil alle nötigen Informationen schon bei der ersten Abrechnung geflossen seien.

Das Sozialgericht Berlin hat die Klage auf Rückzahlung in erster Instanz abgewiesen. Die Nachberechnung sei ein „nicht im Gesetz geregelter Sonderfall“, die „massiven Folgen“ wären unausgewogen, so die Begründung. Kevekordes hält die Argumentation des Gerichts für wenig überzeugend und glaubt an einen Erfolg im Berufungsverfahren.

Sollten sich jetzt weitere Apotheker dazu entschließen, auf eine Rückerstattung des kompletten Abschlags zu klagen, müsse dies laut Kevekordes rasch geschehen. Denn die Verjährungsfrist betrage im Sozialrecht vier Jahre.

Mehrere Klagen bereits vorbereitet hatte auch der Rechtsanwalt und Steuerberater Dr. Bernhard Bellinger. Seine Kanzlei hatte in einem Pilotfall für einen Apotheker Forderungen in Höhe von insgesamt 13.000 Euro gegen acht Krankenkassen gestellt. Bellinger will die Einreichung von Klagen abhängig machen von dem Wortlaut der Einigung zum Kassenabschlag.

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