Apotheker streben Musterprozess an APOTHEKE ADHOC, 02.01.2014 11:19 Uhr
Die Steuerberater des Kanzlei-Verbunds Apo-Audit wollen sich mit den Krankenkassen auf einen Musterprozess zum Kassenabschlag 2009 verständigen. Wie der federführende Rechtsanwalt und Steuerberater Dr. Bernhard Bellinger erklärt, wurde allen 34 betroffenen Kassen ein entsprechendes Angebot gemacht, um für beide Seiten die Kosten zu minimieren. Insgesamt haben Bellinger und seine Kollegen rund 1200 Klagen eingereicht. Es geht um einen höheren einstelligen Millionenbetrag.
Laut Bellinger hat alleine seine Kanzlei vor dem Jahreswechsel 949 Klagen über 7,5 Millionen Euro vorbereitet. Auf seine eigenen Mandanten entfallen demnach 516 Klagen über knapp 4,3 Millionen Euro; der Rest betrifft Apotheker, die Kunden bei anderen Steuerberatern von Apo-Audit sind. Weitere 156 Klagen hat die Kanzlei Willemsen aus Essen eingereicht; auch die Kanzlei Vesting Gerhardy aus Göttingen ist laut Bellinger noch vor dem Jahreswechsel aktiv geworden.
Der Großteil der Klagen Bellingers wurde am Freitag vor Weihnachten von UPS abgeholt und Sozialgerichten in ganz Deutschland zugestellt. Dass es kurz vor dem Jahreswechsel so hektisch wurde, hängt mit der Verjährungsfrist zu tun: Laut Bellinger ist nach Ablauf von drei Jahren bei den Kassen nichts mehr zu holen.
Entsprechend groß dürfte laut Bellinger bei den Kassen die Erleichterung sein, dass nur wenige Apotheker Klagen eingereicht haben. Nach Rechnung des Steuerberaters stand eine Gesamtsumme von 300 Millionen Euro im Raum. Da sich weitere Klagen abzeichneten, waren die Kassen laut Bellinger nicht zu einem Verjährungsverzicht bereit.
Weil im Schiedsverfahren erst spät ein neuer Abschlag in Höhe von 1,75 Euro festgelegt wurde, hatten die Kassen zunächst mit dem alten Wert von 2,30 Euro abgerechnet. Gegen den Schiedsspruch hatte der GKV-Spitzenverband geklagt. Im Mai 2010 hatte das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) im Eilverfahren dann aber die sofortige Vollziehung angeordnet.
Trotzdem hatten zahlreiche Kassen die Differenz von 55 Cent für jedes abgerechnete Rx-Arzneimittel nicht sofort überwiesen, sondern von den Rechenzentren weitere Daten angefordert. Umstritten ist jetzt, ob damit die gesetzliche Zahlungsfrist von zehn Tagen überschritten wurde. Denn der Anspruch der Kassen auf ihren Rabatt entfällt, wenn sie ihre Rechnungen nicht pünktlich bezahlen.
GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband (DAV) hatten sich im Juli im Rahmen der Paketlösung darauf verständigt, dass die Kassen ihre Klage gegen den Schiedsspruch zurückziehen. Zur 10-Tages-Frist hatte es keine dezidierte Vereinbarung gegeben.