Rx-Boni

Kalender als Zugabe: Kammer sieht Probleme

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Berlin -

Taschentücher und Traubenzucker werden also nicht kriminalisiert – darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) in seinen Urteilsgründen im „Ofenkrusti-Urteil“ hingewiesen. Aber Vorsicht: Die Kundenfreundlichkeit wird überstrapaziert, wenn die Apotheke zum Rx-Arzneimittel einen Kalender abgibt, warnt die Bayerische Landesapothekerkammer (BLAK).

Die Kammer hat ein Infoschreiben zum BGH-Urteil mit dem Titel „Rx-Werbegaben in Apotheken“ an ihre Mitglieder verschickt. Die Karlsruher Richter hätten unter anderem den Zweck der in § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG) enthaltenen Regelungen betont. „Dieser besteht vor allem in einem Punkt: Verbraucher sollen nicht durch die Aussicht auf Zugaben und Werbegaben unsachlich beeinflusst werden, wenn sie über die Inanspruchnahme von Heilmitteln entscheiden“, fasst die BLAK zusammen.

Nach der mündlichen Verhandlung im März hatte es eine große Unsicherheit gegeben, ob der BGH nun auch Zugaben wie das obligatorische Päckchen Taschentücher oder ein Traubenzucker verbieten würde. Im Juni verboten die Richter die Rx-Boni-Modelle von zwei Apotheken. In den zwischenzeitlich vorliegenden Urteilsgründen gibt es aber auch einen Hinweis, dass die gelernten Minizugaben zulässig bleiben, solange sie nicht in Verbindung mit der Rezepteinlösung gebracht werden.

Wörtlich heißt es im Urteil: „Sofern die Sachangabe für den Kunden einen wirtschaftlichen Wert habe, an den Erwerb des Arzneimittels gekoppelt sei und nicht nur – wie etwa die Überlassung eines Traubenzuckers oder einer Packung Taschentücher – als Ausdruck von Kundenfreundlichkeit aufgefasst werde, unterlaufe die Apotheke damit ebenfalls die Preisbindung.“ Der BGH zitiert hier zwar die Vorinstanz, macht sich die Formulierung aber auch zu eigen.

Die BLAK zieht folgenden Schluss daraus: „Der BGH stellt damit fets, dass der Verstoß gegen die Preisbindung nicht mehr wegen des geringen Wertes der Zugabe verneint werden lann. Grundsätzlich unzulässig ist damit jede Kopplung eines wirtschaftlichen Vorteils, also direkte Rabatte, Wertgutscheine oder Sachwerte. Die gilt, solange allein preisgebundene Arzneimittel erworben werden und keine Ausnahme nach § 7 Satz 1 Nr. 3 bis 5 HWG vorliegt.“

Und auch diese Ausnahmen listet die Kammer als Service „Was ist jetzt noch erlaubt?“ auf:

  • ein Traubenzucker / ein Päckchen Papiertaschentücher (Kundenfreundlichkeit)
  • die handelsübliche Erstattung von Fahrtkosten des Nahverkehrs zum Erreichen der Apotheke
  • Auskünfte
  • die Abgabe von handelsüblichen Kundenzeitschriften

Aber dann folgt zum Schluss noch ein mahnender Hinweis, dass die Grenze des Zulässigen damit auch abgesteckt ist. „Alle anderen geringwertigen Zugaben wie beispielsweise ein Kalender mit Werbeaufdruck der Apotheke oder Treuetaler dürfen damit nur bei nicht preisgebundenen Arzneimitteln abgegeben werden.“ Zumindest Apotheken in Bayern sollten im Vorweihnachtsgeschäft also vorsichtig sein, wem sie wann einen Kalender geben.

Auch die Apothekerkammer Niedersachsen – gleichzeitig Aufsichtsbehörde – wird vermutlich einen eher strengen Kurs fahren. Nach der Urteilsverkündung, aber noch bevor die Begründung vorlag, hatte die Kammer ihre Mitglieder informiert: Es sei davon auszugehen, dass jegliche Zugaben bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel in Apotheken unzulässig sind, ausgenommen wiederum die Ausnahmetatbestände im HWG.

Nach dem EuGH-Urteil zu Rx-Boni ausländischer Versandapotheken sei vielfach diskutiert worden, „ob damit auch für die deutschen Apotheken die Verbindlichkeit der Arzneimittelpreisverordnung relativiert ist und Spielraum für geldwerte Lockmittel besteht“. Dies Frage habe der BGH „jetzt mit einem erfreulichen unmissverständlichem ‚Nein‘ beantwortet“, so die Kammer. Damit liege der BGH klar auf der Linie anderer Urteile deutscher Gerichte im Anschluss an die EuGH-Entscheidung – absolute Preisbindung beziehungsweise „Null Toleranz“-Linie für Boni bei Rx-Arzneimitteln.

Die Kammer Niedersachsen begrüßte die Entscheidung aus Karlsruhe: „Das höchste Zivilgericht bekennt sich damit wiederholt zur Preisbindung bei Rx-Arzneimitteln, bei denen ein Preiswettbewerb zum Schutz der Patienten vermieden werden soll. Der BGH gibt damit ein deutliches Zeichen in Richtung Gesetzgeber.“ Tatsächlich hat der BGH in verschiedenen Verfahren schon angeregt, die Frage der Preisbindung mit erweiterter Begründung erneut dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorzulegen. Das OLG München hat von der Bundesregierung eine Stellungnahme in dieser Frage angefordert, wartet aber immer noch auf Antwort. Vielleicht kommt diese noch dieses Jahr, ansonsten müssen die Apotheker den Termin im Kalender für 2020 eintragen und diesen vorsichtig an Kunden verteilen.

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