Einmal die Woche tauscht Jan Trautmann künftig seinen Platz in der Offizin im oberfränkischen Selbitz mit dem Lehrpult im Kulmbach. Ein Sprung ins kalte Wasser, doch seine Zweitkarriere an der PTA-Schule macht ihm bei aller Aufregung vorab zunehmend Spaß.
Vor zwei Jahren übernahm Trautmann die Löwen-Apotheke im 4300-Einwohner-Ort von seinem Vater Wolfgang. „Wir sind eine typische Landapotheke.“ Sein kompaktes Team umfasst zwei Apotheker, zwei PTA und zwei PKA, auch der Senior hilft ab und an noch mit. Mit der Versandapotheke Medikamente-per-Klick stehe die schärfste Konkurrenz nur 300 Meter Luftlinie entfernt von seiner Offizin entfernt. „Aber dank unserer Stammkunden können wir noch ganz gut gut leben. Es passt.“ Seit sechs Jahren arbeitet Trautmann mit im Qualitätszirkel Kulmbach. „Mehrmals im Jahr treffen sich Apotheker abends in ihrer Freizeit. Wir bearbeiten dann aktuelle Themen wie neue Medikamente oder Therapieoptionen und besprechen Patientenfälle.“
Der Qualitätszirkel eröffnete eine neue Karrierechance. „Sein Leiter Dr. Edgar Gräf ist seit diesem Sommer auch Leiter der PTA-Schule von Kulmbach“, erzählt Trautmann. „Er fragte mich, ob ich Lust hätte, da zu unterrichten.“ Ein Wochenende lang habe er überlegt und dann zugesagt. Gewisse Erfahrung brachte er bereits aus seinen Jahren als Angestellter in Nürnberg und Fürth mit: „Ich habe immer immer in Apotheken gearbeitet, die eine Heimversorgung unterhielten. Mein damaliger Chef hat mich vor zehn Jahren dazu verdonnert, die damit verbundene verpflichtende Schulung des Altenheimpersonals etwa zur Arzneimittelsicherheit oder zu rechtlichen Grundlagen zu übernehmen.“ Das habe er als Selbstständiger beibehalten.
Dennoch sei er vor seinem ersten Schultag in Kulmbach nicht wenig aufgeregt gewesen. „Ich bin da ins kalte Wasser gesprungen, für mich war das eine komplett neue Situation. Es ist schon etwas anderes, vor jungen PTA-Schülern zu stehen, aber sie nahmen mich sehr freundlich und neugierig auf“, sagt der selbst 37-Jährige. „Ich habe ihnen erzählt, woher ich komme und was ich mit ihnen vorhabe, sie haben mich gefragt, aus welcher Apotheke ich komme, wie viele Leute bei mir arbeiten.“
Künftig ist der Pharmazeut an jedem Mittwoch gleich für zwei Fächer zuständig. „Im Fach Apothekenpraxis will ich vermitteln, wie der Hase im Alltag so läuft“, erzählt die frisch gebackene Lehrkraft. „Das Fach Organische Chemie ist eher trocken, den Stoff will ich auflockern, indem ich den künftigen PTA viel von meiner Praxiserfahrung weitergebe.“ Da helfe es, dass die Schüler hier eine ganz andere Motivation mitbrächten als Jugendliche an herkömmlichen Schulen oder Heimmitarbeiter. „Leider ist die Ausbildung ja noch kostenpflichtig, die angehenden PTA wollen für ihr Geld also Wissen vermittelt bekommen.“
Die Unterrichtsvorbereitungen fallen noch zusätzlich zum normalen Betrieb an. „Ich arbeite dafür nach Feierabend“, so Trautmann. „Wenn nicht ganz so viel in der Apotheke zu tun ist, kann ich mich mal für ein bis zwei Stunden rausziehen. An zwei Nachmittagen haben die Ärzte am Ort keine Sprechstunde, da ist es dann etwas ruhiger.“
„Sehr positiv“ sei seine Erfahrung bisher. Doch so ab und an habe er noch Ehrfurcht vor seiner neuen Rolle. „Ich finde es schwierig, mich ‚Lehrer‘ zu nennen, da fehlt mir das pädagogische Werkzeug. Aber ich habe schon mit Herrn Gräf besprochen, dass ich mich in Seminaren weiterbilden will.“ Trautmann hat durchaus Lust auf mehr: „Es macht mir viel Spaß, aber ich muss da noch reinwachsen“, sagt Trautmann. „Wenn sich das mit dem Apothekenbetrieb vereinbaren lässt, schließe ich nicht aus, dass ich meinen Unterricht noch ausweiten werde.“
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