Notdienst an Weihnachten

„Jeder Zweite wollte Antigen-Schnelltest“

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Berlin -

Weihnachtszeit ist Notdienstzeit. Auch dieses Jahr hielten Apotheker an den Feiertagen wieder die Stellung. Neben den obligatorischen Nachfragen nach Magenmitteln oder Babynahrung war auch die Pandemie ein großes Thema. Vielerorts verlief der Dienst gut. Natürlich mit der obligatorischen Frage am Telefon, ob der Betrieb auch wirklich geöffnet habe.

Für Apothekerin Anita Bolwin war der Notdienst am 1. Feiertag eine Premiere. Noch nie musste sie an Weihnachten hinter dem HV-Tisch stehen. „Es war gut zu tun, das hätte ich nicht gedacht“, sagt sie. Die Pharmazeutin aus der Kurfürsten Apotheke in Mülheim-Kärlich in Rheinland-Pfalz musste einen Großteil ihrer Kunden jedoch enttäuschen. „Jeder zweite wollte einen Antigen-Schnelltest durchführen.“ Diese Leistung habe sie jedoch nicht angeboten.

Andrang größer als angenommen

„Das ist wie Blutdruckmessen, das machen wir nicht im Notdienst“, so Bolwin. Außerdem seien die Tests auf Corona mitunter ungenau. Die Anfragen seien per Telefon gekommen. „Die meisten wollten einen Test machen, um die Verwandtschaft besuchen zu können.“ Die Absage hätten die Kunden gut aufgenommen. „Sauer war keiner. Ich hatte eher das Gefühl, dass sie bereits in mehreren Apotheken angerufen hatten. Sie waren jedenfalls nicht überrascht, als ich gesagt habe, wir machen keine Tests.“

Oft nachgefragt worden seien Mittel gegen Sodbrennen oder Übelkeit. „Das ist klar, die Kunden haben zu üppig gegessen.“ Auch Nasensprays und Notfallkontrazeptiva seien verlangt worden. „Die Pille danach habe ich fünfmal abgegeben“, sagt Bolwin. Außerdem seien einige Antibiotika dabei gewesen. „Viele Kunden kamen direkt vom Krankenhaus zu uns.“ Bolwin hatte nicht mit diesem Ansturm gerechnet. „In der Pandemie sind die Notdienste eigentlich weniger stark besucht, da die Kunden nicht mehr wegen jeder Kleinigkeit aus dem Haus gehen.“

Die Stimmung sei dennoch feierlich gewesen. Die Kunden hätten „frohe Weihnachten“ gewünscht und sich entschuldigt, dass sie störten, sagt Bolwin. „Unsere PTA hat mir eine kleine Torte gebacken und die Nachbarn haben Schokolade vorbeigebracht, als sie gesehen haben, dass ich in der Apotheke bin.“ Auch auf das Weihnachtsmenü musste die Pharmazeutin nicht verzichten. „Es gab ein 3-Gang-Menü, zu dem mich mein Mann besucht hat. Wir konnten entspannt essen, die Kunden kamen immer zwischen den Gängen.“

In Lorch im Rheingau ging es dagegen ruhiger zu. Apothekerin Kathrin Büschenfeld hatte an Heiligabend Dienst. Sie sei gerade zweimal „rausgeschellt“ worden, sagt die Inhaberin der St. Martinus-Apotheke. Sie wohnt mit ihrer Familie im gleichen Haus. „Hier im Dorf ist nicht so viel los. Am frühen Abend klingelten zwei Frauen, die eine wollte einen Schwangerschaftstest, die andere die Pille danach.“ Es sei ein schönes Weihnachten gewesen.

Doppelter Notdienst im Rheinland

In Nordrhein-Westfalen gab es bei den Brüdern Erol und Muhammed Gülsen gleich einen doppelten Notdienst: Während Erol Gülsen in der Goethe Apotheke in Moers die Stellung hielt, stand sein Bruder Muhammed in der Glückauf Apotheke in Kamp-Lintfort – ein regelrechter „Bruder-Notdienst“ also. Insgesamt konnten die beiden mehr als 500 Menschen im Notdienst helfen. „Obwohl wir uns gut bevorratet hatten, wurden einige Medikamente irgendwann knapp“, berichtet Erol Gülsen. „Der Andrang war größer als angenommen – ich hatte irgendwann nichts mehr“. Vor allem Antibiotika-Säfte waren am Heiligabend gefragt. Bei seinem Bruder wurden ebenfalls einige Arzneimittel knapp. „Zwei Kleinkinder brauchten allerdings noch Antibiotika und Fieberzäpfchen.“ Was also tun? „Bestellen ging ja nicht mehr“, meint Gülsen. Die nächste Notdienstapotheke wäre rund 30 km entfernt gewesen – mit einem kranken Kind nur schwer zu bewältigen.

Kurzerhand wurden die Eltern der Brüder über den Engpass informiert. „Denn in unserer Filiale war noch Ware vorhanden“, erklärt der Apotheker. Die „Gülsen-Seniors“ besorgten die benötigten Medikamente schließlich aus der Filiale. „Die Familien mit den Kleinkindern haben sich riesig gefreut – und ich auch: Denn ich konnte helfen“, meint Erol Gülsen. „Genau das bedeutet Weihnachten: Nächstenliebe, Achtsamkeit und Hilfsbereitschaft“, schreibt die Apotheke auf ihrer Facebook-Seite. „Die Versandapotheken können so etwas an den Feiertagen nicht bieten“, meint der Apotheker.

 

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