Video-Interview Treuhand

„Jede dritte Apotheke wird Probleme bekommen“ Alexander Müller, 30.09.2010 15:26 Uhr

Berlin - 



Die geplante Umstellung der Großhandelsvergütung könnte die Apotheken teuer zu stehen kommen: 12.000 Euro Verlust im kommenden Jahr erwartet die Steuerberatungsgesellschaft Treuhand Hannover für eine typische Apotheke. Der Generalbevollmächtigte Dr. Frank Diener sprach mit APOTHEKE ADHOC über die Folgen des Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes (AMNOG), rote Zahlen bei Apotheken und die Schwierigkeit, einen Nachfolger zu finden.



ADHOC: Wo stehen die Apotheken heute?

DIENER: Generell kann man sagen, dass derzeit etwa 7 Prozent der Apotheken betriebswirtschaftlich Verluste schreiben, also wirklich ein negatives Vorsteuereinkommen haben, und dass insgesamt fast 30 Prozent der Apothekeninhaber ein geringeres Einkommen haben als ein in Vollzeit beschäftigter angestellter Apotheker.



ADHOC: Wie wird sich der Apothekenmarkt entwickeln?

DIENER: Es wird anstrengender für alle Beteiligten. Es wird nicht chancenlos, aber erheblich anstrengender. Die Spreizung des Marktes insgesamt wird zunehmen: Das untere Drittel der Apotheken wird durch die gesetzgeberischen Maßnahmen in Probleme kommen. Die Frage ist, inwieweit es gelingen wird, gegen zu steuern und sich in die anderen Regionen abzusetzen.



ADHOC: Was bedeutet das AMNOG für Apotheken?

DIENER: Es gibt eine ganze Reihe von Maßnahmen, aber die gravierende Maßnahme - nach derzeitigem Kenntnisstand - ist die vorgesehene Neuregelung der Großhandelsvergütung. Die ist aus Apothekensicht aktuell das zentrale Thema.



 



ADHOC: Können die Apotheken das stemmen?

DIENER: Nach unseren Zahlen wird das Betriebsergebnis einer typischen Apotheke - auch wenn man gewisse Wachstumseffekte im Markt unterstellt - um rund 12.000 Euro auf 61.000 Euro im Jahr 2011 sinken - wenn die AMNOG-Maßnahmen so Gesetz werden wie derzeit vorgesehen.



ADHOC: Können die Apotheken am Personal sparen?

DIENER: Das Problem für die Apotheken bei dieser Reform ist, dass sich das Arbeits-, Betreuungs- und Versorgungsvolumen insgesamt nicht verringern, sondern eher im allgemeinen Wachstumstrend zunehmen wird. Es gibt ja nicht weniger Rabattverträge, sondern eher mehr. Die Patienten sind zu versorgen, es gibt Arzneimittelinnovationen und entsprechend einen höheren Beratungsbedarf. Für die Apotheken ist es deshalb schwierig, an der Personalseite etwas zu reduzieren. Man muss im Einzelfall in der Apotheke sehen, welche Möglichkeiten es gibt, etwa Stundenkürzungen oder andere Maßnahmen.



ADHOC: Finden Apotheker leicht einen Nachfolger?

DIENER: Das ist schwer zu sagen. Es gibt eine Reihe von Gründen: Zum einen haben wir das Phänomen, dass gut ein Drittel aller Apothekeninhaber älter als 55 Jahre ist, und es kommen nur wenige nach. Wir haben also sehr viel Abgänge an der oberen Altersgrenze und wenig Zugänge an der unteren. Insofern wird der Markt enger. Wir sehen auch, dass viele Betriebe nicht wirklich veräußerbar sind, weil der Weiterbetrieb für einen jungen Apotheker nicht wirtschaftlich ist. Dann wird es zuweilen sehr schwierig, einen Nachfolger zu finden, um eine Schließung der Apotheke zu vermeiden.