Interview Deutsche Blisterunion

„Jede Apotheke sollte Blister anbieten“ Désirée Kietzmann, 25.10.2010 08:52 Uhr

Berlin - 

Obwohl die Vergütung nach wie vor ungeklärt ist, beschäftigen sich immer mehr Apotheken und Dienstleister mit der patientenindividuellen Verblisterung. Die Deutsche Blisterunion (DBU) hilft Apotheken beim Einsteig in das noch relativ junge Geschäftsfeld. Im Interview mit APOTHEKE ADHOC erklärte DBU-Geschäftsführer Martin Halm, wann sich Verblisterung lohnt, wie es um die Vergütung steht und warum die Qualitätsanforderungen für Apotheken und Blisterzentren harmonisiert werden müssen.


ADHOC: Wo steht die Verblisterung in Deutschland?

HALM: Die Verblisterung ist ein Dienstleistungsbereich, der sich seit fünf Jahren in Deutschland entwickelt. Wir haben heute etwa 1000 Apotheken, die in irgendeiner Form manuell blistern. Wir haben um die 100 Apotheken, die Schlauchbeutelautomaten betreiben und etwa 20 Herstellbetriebe, bei denen Apotheken im Auftrag Schlauchblister produzieren lassen können. Diese Betriebe haben eine entsprechende arzneimittelrechtliche Zulassung.


ADHOC: Wie viele Patienten nutzen individuelle Blister?

HALM: Unseren Schätzungen zufolge werden 100.000 bis 130.000 Patienten in irgendeiner Form wöchentlich mit patientenindividuellen Blistern versorgt. Manche sagen auch, dass es 150.000 Patienten sind.


ADHOC: Wann lohnt sich die maschinelle Verblisterung für Apotheken?

HALM: Das ist eine Frage, die von verschiedenen Rahmenbedingungen abhängt. Beachten muss man vor allen Dingen bei der maschinellen Verblisterung, dass neben der Investition für einen Automaten auch in Räumlichkeiten, in Prozesse, in Strukturen investiert werden muss. Das kann schnell ein größerer Betrag werden. Gut organisierte Unternehmen haben etwa einen Breakeven bei 750 Patienten, das heißt von da an wird Gewinn produziert. Bei Blisterzentren liegt das etwas höher, aber mit der Möglichkeit dann auch fremde Apotheken versorgen zu können. Ich habe bei der Produktion innerhalb der Apotheke das Problem, dass ich alle Kunden selbst aquirieren muss. Das ist eine Sache, die wir nicht wollen, solche Konzentration auf wenige Apotheken. Unsere Idee ist es: Möglichst jede Apotheke sollte in der Lage sein, diese Dienstleistung anzubieten.



ADHOC: Was ist die Deutsche Blisterunion?

HALM: Wir haben aus der eigenen Erfahrung heraus, so einen Herstellbetrieb aufzubauen, ein Netzwerk in Deutschland gegründet: Die Deutsche Blisterunion beschäftigt sich damit, Zulassungen für Blisterzentren zu erlangen. Die DBU beschäftigt sich aber auch damit, das Qualitätsniveau für die manuelle Herstellung in Apotheken zu definieren, liefert Unterstützung in rechtlichen Bereichen und im Einkauf sowie Schulungen. Es ist ein sehr umfangreiches Fachnetzwerk, das da inzwischen entstanden ist.


ADHOC: Wie viele Mitglieder hat die DBU?

HALM: Wir haben neun Blisterzentren zur Herstellungserlaubnis gebracht und sieben weitere, die sich derzeit im Aufbau befinden. Insgesamt haben wir etwa zehn Apotheken, die sich in diesem Netzwerk engagieren. Das Netzwerk ist allerdings auch erst zwei Jahre alt und beginnt sich zu entwickeln.


ADHOC: Ist Verblisterung ein regionales Geschäft?

HALM: Ja, aus unserer Sicht ganz deutlich. Es gibt natürlich auch andere Player im Markt, die das anders sehen. Für uns ist wichtig, dass diese Dienstleistung dicht am Patienten stattfindet. Wir haben die Qualitätsrichtlinie, innerhalb von vier bis sechs Stunden Medikationsänderungen bis zum Patienten umzusetzen. Das ist für uns eine der Kernforderungen in unserem Netzwerk. Alle, die sich dem unterwerfen wollen, sind immer herzlich willkommen mitzuarbeiten.


ADHOC: Wie sollten Qualitätsrichtlinien aussehen?

HALM: Es ist wichtig, dass die Qualitätsrichtlinien für das Verblistern einheitlich definiert werden. Wir haben in den letzten fünf Jahren sehr umfangreiche Diskussion mit den Aufsichtsbehören hinter uns, wie wir es als maschinelle Betreiber mit Herstellungserlaubnis machen dürfen. Es kann dann natürlich nicht sein, das in der Apotheke eine Maschine unter einem ganz anderen Qualitätsniveau betrieben wird, obwohl am Ende das gleiche Produkt heraus kommt. Insofern ist eine Harmonisierung dort sinnvoll. Wir kämpfen aber dafür, dass das Niveau nicht auf einem High-end-Niveau endet. Es muss am Ende eine Qualitätsrichtlinie herauskommen, die jede öffentliche Apotheke erfüllen kann.


ADHOC: Sind 3,99 Euro ein fairer Preis pro Wochenblister?

HALM: Ja, aus unserer Erkenntnis heraus ist diese Vergütung ausreichend. Wir haben auch entsprechende Messungen in Apotheken vorgenommen, aus denen wir wissen, wie hoch der Zeitaufwand ist, so etwas zu leisten . Dieser Vorschlag wird von uns auch unterstützt. In der politischen Diskussion befindet er sich jetzt, wir müssen sehen wie schnell er sich umsetzen lässt. Wünschenswert wäre es für Apotheker allemal, eine einheitliche Vergütungsregelung zu bekommen. Dann kann jede Apotheke entscheiden: Produziere ich selbe, lasse ich produzieren, inwieweit engangiere ich mich oder ist das überhaupt ein Dienstleistungsfeld für mich.