Interview BVpta

„Wir müssen PTA-Ausbildung interessanter machen“

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Berlin -

In Nordrhein-Westfalen wird derzeit heftig über die PTA-Ausbildung diskutiert. Das Land hat die Zuschüsse zu den Schulen gestrichen und die Apothekerorganisationen befürchten, dass höhere Schulgelder junge Menschen von der Ausbildung abhalten. Bernadette Linnertz, stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbands PTA (BVpta), sieht eher die fehlenden Perspektiven als Problem. Der Verband fordert seit Jahren Änderungen im Berufsgesetz.

ADHOC: Die Bewerberzahlen für eine PTA-Ausbildung sind seit Jahren rückläufig. Können wir nicht auf Schulen verzichten?

LINNERTZ: Laut ABDA Erhebung sinkt die Bewerberzahl. Sobald weitere Schulen schließen, sinkt auch die Zahl der Auszubildenden. Da immer mehr PTA in der öffentlichen Apotheke benötigt werden wird man in der Zukunft auf keine Schule verzichten können. Jedes Jahr schließen in Deutschland rund 3500 PTA ihre Ausbildung ab. Früher gab es allerdings etwa zwei Bewerber je Platz, heute sind es nur anderthalb. Ein Problem ist, dass die Kompetenz der Schüler sich ändert, das Ausbildungsniveau sinkt. Die Schüler mit der, für die Ausbildung geforderten Kompetenz, entscheiden sich oft für einen anderen Beruf.

ADHOC: Warum ist das so?

LINNERTZ: Nach Meinung des Bundesverbands PTA scheitert es nicht an der Höhe des Schulgeldes, sondern an der Attraktivität des Berufs. Beispiel: Die Ausbildung zum Ergotherapeuten kostet bis zu 600 Euro im Monat. Trotzdem wird in diesem Beruf über Bedarf ausgebildet, weil er mehr Chancen bietet.

ADHOC: Was macht den PTA-Beruf unattraktiv für junge Menschen?

LINNERTZ: Es gibt ein Missverhältnis in den Berufsgesetzen der Gesundheitsberufe. Während in anderen Berufsgesetzen die Kompetenzen festgeschrieben sind, werden sie den PTA abgesprochen – sie stehen immer unter Aufsicht des Apothekers. Der Beruf bietet einfach zu wenig Aufstiegschancen: Im Gegensatz zur PTA steht anderen Gesundheitsberufen nach ihrer Ausbildung ein Studium offen. Unser Berufsgesetz muss anders konzipiert und die PTA-Ausbildung neu aufgestellt werden, um sie interessanter für junge Menschen zu machen. Wir müssen weg von dem Sackgassenberuf, den wir derzeit haben. Kompetenzen, die eine PTA in ihrer Ausbildung erlangt, sollten zudem im Berufsgesetz niedergeschrieben werden.

ADHOC: Was sollte sich ändern?

LINNERTZ: Die Ausbildung muss den heutigen Anforderungen angepasst werden und sich an den zukünftigen beruflichen Aufgaben der PTA orientieren. Dazu gehört unter anderem das Medikationsmanagement, bei dem sich die PTA einbringen kann. Es kann nicht sein, dass ständig Kompetenzen gefordert, diese dann aber nicht anerkannt werden. Es muss nicht nötig sein, die ständige Aufsicht eines Apothekers in ein neues Berufsgesetz zu schreiben – an vielen Arbeitsplätzen ist diese Aufsicht nicht gegeben. Jetzt ist es an der Zeit, die Blockadehaltung zur Entwicklung des Berufes aufzugeben, und sich für diesen einzusetzen. Dann wird es auch mehr Bewerber geben.

ADHOC: Besteht denn bereits die Gefahr eines PTA-Mangels?

LINNERTZ: Es gibt Regionen mit einem akuten PTA-Mangel, zum Beispiel das Saarland. In Rheinland-Pfalz hat das Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur der Goethe-Universität herausgefunden, dass 2010 223 Fachkräfte fehlten, um den Bedarf zu decken. Das entspricht drei Ausbildungsjahrgängen, die fehlen! In Thüringen hingegen wird über Bedarf ausgebildet. Im Ruhrgebiet und in Rheinland-Pfalz gibt es eine hohe Apothekendichte, da werden PTA rarer werden. Zur Zeit gibt es in der gesamten Bundesrepublik noch genügend PTA, es ist allerdings nicht möglich diese bedarfsgerecht auf alle Bundesländer zu verteilen.

ADHOC: Inwiefern ist das ein Problem für die Apothekenleiter?

LINNERTZ: Für die Apothekenleiter bleibt nur die Möglichkeit, einen Apotheker einzustellen – die sind jedoch auch schwer zu finden. PTA sind ein unverzichtbarer Bestandteil öffentlicher Apotheken. 2007 hatte eine Studie ergeben, dass 80 Prozent aller Kundenkontakte durch PTA geschehen. Man kann davon ausgehen, dass sich diese Zahl bis heute nicht verringert hat.

ADHOC: PTA sind also besonders wichtig für Apotheken – was halten Sie von dem Vorschlag von Ministerin Steffens, die Apotheker an der PTA-Ausbildung zu beteiligen?

LINNERTZ: Die Kammern beteiligen sich ja schon an der Finanzierung der Schulen. Verständlich somit ihre Weigerung diese weiter aufzustocken, da nur gut 50 Prozent aller ausgebildeten PTA letztendlich in der Apotheke arbeiten. Im Übrigen gibt es bereits Finanzierungsmodelle, zum Beispiel Stipendien.

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