Ausgerechnet die europäische Medizinprodukte-Verordnung (Medical Device Regulation, MDR) wird zu einem Paradigmenwechsel auf dem Markt der Apothekensoftware führen: Der Interaktionscheck wird künftig zentral von einer externen Software der Avoxa durchgeführt. Auf die Apotheken kommen deswegen höhere EDV-Kosten zu.
Bislang haben die Softwarehäuser den Interaktionscheck in ihren eigenen EDV-Linien durchgeführt. Doch nach der neuen EU-Richtlinie wird die Software durch diese Funktion zum Medizinprodukt und müsste entsprechend bei jeder Anpassung neu zertifiziert werden. Das wäre in der Praxis nach Aussage der Softwarehäuser extrem aufwändig und damit im Grunde unbezahlbar.
Daher wird in der Branche ein neuer Weg beschritten: Die Softwarehäuser schließen einen Lizenzvertrag mit der Abda-Tochter Avoxa und lagern den Wechselwirkungscheck damit aus. Diese zentrale Lösung wurde für die Umsetzung der pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) entwickelt.
Zulieferer ist die Avoxa-Tochter „pharma4u“, die ihren Sitz im Apothekerhaus in Eschborn hat. Weil die Plattform und ihr Tool „MediCheck+“ auf die Datenbank der Abdata zugreifen kann, haben die Softwarehäuser und deren Kunden also für den Interaktionscheck immer den aktuellsten Stand. Und: Die EDV-Anbieter halten sich das Risiko vom Leib, wegen jeder neu vergebenen PZN für eine Grippeschutzimpfung ihr System neu zu zertifizieren. Bei der Avoxa-Lösung werden die arzneimittelbezogenen Daten ohne Patientenbezug verarbeitet und das Ergebnis an die Apothekensoftware zurückgespielt.
Nachteil dieser Lösung ist, dass es für die Apotheken teurer wird. Im Grunde verdient Avoxa an der Warenwirtschaft doppelt: Einmal über die Gebühren für die Abdata, die seit Jahren der wichtigste Ertragsbringer für Avoxa und damit die Abda ist, und einmal über den neuen Service von „pharma4u“. An der Firma ist Avoxa zu 50 Prozent beteiligt, der Rest gehört dem langjährigen Partner Dr. Alexander Ravati.
Anbieter Pharmatechnik erklärt gegenüber den eigenen Kund:innen, was die MDR für die Software bedeutet. Die Zertifizierung der AMTS-Module als Medizinprodukt betrifft demnach die individualisierte Interaktionsprüfung sowie die Prüfung von sämtlichen personenbezogenen Kontraindikationen und Anwendungsbeschränkungen wie etwa Alter, Geschlecht, Schwangerschaft, Erkrankungen oder Raucher.
Die „Software-as-a-Service“ der Avoxa ist laut Pharmatechnik die günstigere Alternative. Die auf den Daten der Abdata-Datenbank basierte zentrale Softwarelösung werde künftig alle Interaktionsprüfungen übernehmen, heißt es. Die Apotheken könnten den Wechselwirkungscheck weiterhin im Verkaufsprozess durchführen, gleichzeitig sei „die kontinuierliche Anpassung in Bezug auf Qualität und regulatorische Anforderungen sichergestellt“.
Pharmatechnik wird diese externe Lösung zum 1. Mai an die Apotheken ausliefern. Dafür wird eine monatliche Gebühr von 14,85 Euro netto pro Apotheke fällig. Die anderen Softwarehäuser werden denselben Weg gehen und den Interaktionscheck MDR-konform über Avoxa abbilden. Zu den Details ist hier aber noch nichts bekannt.
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