Apotheker will Mut machen

Insolvenz: „Ich werde nicht der Letzte sein“

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Berlin -

Dass Apotheken schließen, gehört 2023 leider schon zum Alltag. Häufig findet sich einfach keine Nachfolge mehr, wenn Inhaber:innen in die wohlverdiente Rente eintreten. Doch auch Insolvenzen werden angesichts der wirtschaftlichen Situation vieler Betriebe zunehmen. Dass eine solche Schieflage aber nicht das Ende bedeuten muss, will Apotheker Boris Haluszczynski zeigen.

Manchmal werden einfach falsche unternehmerische Entscheidungen getroffen, das ist ganz normal. In der aktuellen Notlage der Apotheken wird es aber immer schwieriger, solche Fehler durch andere Einnahmen wieder auszugleichen. Haluszczynski übernahm seine erste Apotheke 2002, die Limes-Apotheke in Aalen. 2004 folgte eine Filiale, nach der Übernahme der Apotheke am ZOB am Aalener Bahnhof 2017 wurde die erste Filiale geschlossen, 2018 kam die zweite Filiale hinzu, 2022 die Apotheke am Reichsstädter Markt. So weit, so unauffällig.

Doch an einer Stelle begann der Teufelskreis, der nicht mehr einfach zu durchbrechen war. Und in dem der Apotheker mehrfach an dem Punkt war, an dem er dachte, dass es nicht mehr weitergeht. Zumal er nicht nur mit seinen vier Apotheken, sondern auch mit Eigenheim und Privatvermögen haftet. Zwischenzeitlich musste Haluszczynski alle vier Apotheken zu machen, befindet sich aber wieder auf dem Weg der Besserung – mit noch drei Apotheken.

Kämpfen – fürs Team

„Ich möchte anderen Kollegen Mut machen“, so der Aalener Inhaber. Für ihn war nicht nur seine eigene unternehmerische Notlage ein Grund zu kämpfen, sondern auch sein Verantwortungsgefühl als Arbeitgeber. Er macht nun die Insolvenz in Eigenverwaltung durch und ist froh, Licht am Ende des Tunnels zu sehen.

Aus betrieblichen Gründen kündigen musste er letztlich „nur“ zwei Kolleginnen – und wie lange diese noch geblieben wären, sei bereits vorher fraglich gewesen. „Ich hatte großes Glück insofern, dass einige ältere Kolleg:innen sowieso aufhören wollten. Eine Apothekerin wollte in die Industrie, da sie dort einfach besser verdient“, so Haluszczynski. Er ist froh über sein Team, das die schwierige Lage für den Apothekenverbund jetzt mit ihm gemeinsam durchsteht und zu ihm hält.

Drei Wochen lang waren alle Apotheken aufgrund des Insolvenzantrags geschlossen. „Ein ganz, ganz dickes Lob an alle Mitarbeiterinnen, dass sie das durchgehalten haben.“ Es sei auch ein großes Problem gewesen, danach wieder einen Großhändler zu finden, der ihn beliefert. Dafür, dass die Noweda ihm eine Chance gab, ist der Apotheker sehr dankbar.

Für Haluszczynski kam irgendwann eins zum anderen. Bedingt durch die Hochpreiser, für die er in Vorkasse gehen musste, die Mitarbeitenden, die mehr Lohn wollten und auch verdienten, und einen unerwarteten Ausfall einer Filialleiterin, die ins Beschäftigungsverbot ging, geriet er in einen Kreislauf aus Forderung von Großhandel und Bank. Zwar kam ihm die Apothekerkammer mit den Öffnungszeiten entgegen, aber als er dann die erst 2022 erworbene Center-Apotheke für ein halbes Jahr schließen musste, war das der Anfang des Schulden-Strudels.

Treues Team, treue Kund:innen

„Na klar habe ich auch Fehler gemacht“ – die letzte Übernahme 2022 – weiß Haluszczynski heute und spricht auch offen darüber. Denn ein „eklatanter Approbiertenmangel“ und das geringe Apothekenhonorar würden künftig dafür sorgen, dass eine Apothekeninsolvenz gar nicht mehr so selten sein wird, meint der Inhaber.

Natürlich habe er auch darüber nachgedacht, einfach aufzugeben: „Ich hätte auch eine klassische Insolvenz machen können. Und tschüss! Ab ins Angestelltenverhältnis ohne große Sorgen.“ Doch das hätte er seinen etwa 25 Angestellten gegenüber nicht verantworten können. Ihnen gegenüber war er von Anfang an offen, genauso gegenüber der Kundschaft.

Diese hat ihm auch bei einer schwierigen Zeit mit seiner eigentlich umsatzstärksten Apotheke am Aalener Bahnhof die Treue gehalten. Auch hier musste er zwischenzeitlich aufgrund von Baustellen kräftige Einbußen hinnehmen. Viele Kund:innen hätten ihre Rezepte aber extra nicht woanders eingelöst, sondern gewartet, bis das bei Haluszczynski wieder ging.

Auf dem Weg der Besserung

Aus seiner Notlage kann der Apotheker heute auch Positives ziehen – und möchte Kolleg:innen unterstützen, die sich in einer solchen Situation ebenfalls als ausweglos sehen. Durch das Insolvenzverfahren fängt Haluszczynski nun wieder bei Null an. Aber er weiß, was er an seinem Team hat, freut sich über den Zusammenhalt und diejenigen, die ihm zwischendurch aufmunternd auf die Schulter klopften. Die ihn nicht aufgeben ließen. „Da hat sich wirklich die Spreu vom Weizen getrennt, in so einer Lage.“

Wenn es weiter so gut läuft, kann er im kommenden Jahr mit seinen verbliebenen drei Apotheken sogar wieder in den Normalzustand wechseln. „Wir werden weiter kämpfen“, sagt Haluszczynski.

Seine Tipps in einer solchen Notlage:

  1. „Offen mit den Mitarbeitenden kommunizieren. Die Leute mitnehmen, und deutlich machen, dass wir das gemeinsam schaffen.“
  2. „Ein leeres Warenlager muss kein K.o.-Kriterium sein.“
  3. „Nicht aufgeben, sich Rat holen“
  4. „ein zukunftsfähiges Konzept“
  5. „Sowas geht nur im Team und jedes Team ist wie ein Uhrwerk, bei dem die Zahnräder in einander greifen müssen. Allein schafft man es nicht.“
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