„Wir haben keine Zeit“

Insolvenz droht: Apothekerin in der Abwärtsspirale

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Berlin -

Ist die finanzielle Schieflage erst einmal vorhanden, ist es schwer, ihr zu entrinnen. Eine Apothekerin berichtet von ihrer persönlichen Abwärtsspirale, warum sie nach fünf Jahren Selbstständigkeit mit mehreren Apotheken am Limit ist und wie sie sich fühlt.

Die Apothekerin aus Nordrhein-Westfalen will namentlich besser nicht genannt werden. Denn noch weiß ihr Personal nichts von der drohenden Pleite. Auch wenn man sich im Team vielleicht bereits wundert – die Chefin will Kündigungen vermeiden. Immerhin soll der Betrieb weitergehen. Außerdem: „Wann ist der richtige Zeitpunkt, um es den Mitarbeitern zu sagen?“

Zu viel Personal eingestellt

Sie bedauert es, doch auch das Personal sei ein Aspekt: „Wir haben falsch gewirtschaftet und zu viele Mitarbeiter eingestellt. Wegen der drohenden Personalnot war es schwer, sich von Leuten zu trennen.“ Auch Einflüsse von außen – wie Umsatzeinbrüche wegen des E-Rezepts oder wegen Baustellen – hätten zur aktuellen Lage beigetragen. „Ich könnte viel mehr Umsatz haben. Es ist so schwierig, mich belastet, dass ich meine Betriebe retten will, aber gar keine Zeit für kreative Ideen habe, da ich mich um so viel kümmern muss.“

Die steigenden Kosten, etwa für Miete oder Personal, sind weitere Gründe für die drohende Zahlungsunfähigkeit der Inhaberin. Seit längerem versucht sie, gemeinsam mit einem Berater und ihrer Bank, wieder in die schwarzen Zahlen zu kommen. Noch könne sie die Ware vom Großhandel bezahlen. Doch die Abwärtsspirale habe sich bereits angedeutet, klagt sie. Ihr sei klar gewesen, dass es nicht einfach sei, mehrere Apotheken zu führen.

Bank unterstützt Apotheken noch

Doch sie sei an einem Punkt angekommen, bei dem es immer schwieriger werde. „Wo nichts ist, kann man auch nichts rausholen. Wir haben keine Zeit“, sagt sie. „Eine Insolvenz zeichnet sich ab und ich muss mich informieren.“ Der Kontakt zu einem Insolvenzverwalter sei bereits aufgenommen. Die Apothekerin ist froh, in diesen Zeiten ihre Bank hinter sich zu haben. „Ich will mir gar nicht ausmalen, was wäre, wenn wir nicht in dem Ausmaß überziehen könnten.“

Die Situation sei emotional und psychisch belastend. „Die Apotheken sind doch meine Kinder“, klagt sie. „Jeder Kunde liegt mir am Herzen. Ich habe eine 70-Stunden-Woche, mache alle Notdienste selber.“

Die Pharmazeutin ist laut eigenen Angaben „in einem Wechselbad der Gefühle“. Klar, sei „alles blöd“. Doch die Hoffnung wolle sie nicht aufgeben. „Ich glaube immer noch daran, dass das Konzept der Vor-Ort-Apotheke Zukunft hat. Manchmal stehe ich morgens auf und denke ‚oh Gott‘, machmal, ‚okay, legen wir los‘.“

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