Innenstädte

Apothekerin allein unter Ketten

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Berlin -

Viele deutsche Innenstädte sind inzwischen fest in der Hand von Ketten: Zara, New Yorker und H&M prägen auch die Fußgängerzone von Wiesbaden. Nur noch wenige inhabergeführte Geschäfte schaffen es, sich in der 1A-Lage zu behaupten, darunter drei Apotheken.

Gerade einmal zwölf kleine inhabergeführte Geschäfte soll es nach Recherchen der Lokalmedien neben den Marktgiganten im Zentrum der Fußgängerzone geben: Die Adler-Apotheke, ein Optiker und ein Blumenladen finden sich demnach in der Kirchgasse. Danach folgen kleine Geschäfte wie zwei Juweliere, zwei Optiker und die Schützenhof-Apotheke in der Langgasse. Die oft gehörte Klage, dass es in deutschen Innenstädten nur noch Handy-Läden, Ramsch und Filialen teils weltweit operierender Ketten gibt und die Fußgängerzonen der Städte damit austauschbar sind, scheint sich auch in Wiesbaden zu bestätigen.

Damit zählt die Schützenhof-Apotheke von Anna Luh zu den Exoten in der Wiesbadener Innenstadt, die trotz zunehmender Filialisierung sich in der 1A-Lage behaupten können. Die Pharmazeutin hat die alteingesessene, rund 300 Jahre alte Apotheke vor zehn Jahren übernommen.

Seitdem beobachtet sie „ständiges Kommen und Gehen“ von Geschäften. Früher sei neben der Apotheke ebenfalls ein inhabergeführtes Geschäft gewesen. Doch der Inhaber musste aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben. „Mittlerweile befindet sich in den Räumen der x-te Handyladen in der Fußgängerzone“, berichtet sie. Dort, wo früher ein Schuhladen war, sei eine Filiale von Burger King eingezogen.

Die Einkaufstraßen seien von Handy-, Fast-Food- und Eisläden geprägt, bedauert Luh und wünscht sich mehr inhabergeführte Geschäfte in der Fußgängerzone. „Die individuellen Läden machen die Innenstadt doch erst interessanter und lebendiger“, so die Apothekerin.

Eine Ausnahme ist Wiesbaden aber keinesfalls. Laut der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung ist ein solcher Anblick keine Seltenheit. Einem Gutachten zufolge besteht die Wiesbadener Fußgängerzone zu 85,3 Prozent aus Filialgeschäften großer Ketten. Damit liegt die Stadt im bundesweiten Durchschnitt.

Die Gründe sind vielschichtig. Die Mieten in der 1A-Lage steigen mancherorts ins Unermessliche und sind damit für kleine Geschäfte nicht zu stemmen. Der Versandhandel wird ebenfalls oft als Grund genannt. Vielen Kunden geht es immer mehr um den Preis. Das merke auch sie, sagt die Apothekerin: „Manch ein Kunde lässt sich bei uns beispielsweise zur richtigen Pflege beraten, um anschließend in ein Drogeriemarkt um die Ecke zu gehen und dort das billigere Produkt zu kaufen“.

Mit der Lage ihrer Schützenhof-Apotheke ist sie dennoch weitgehend zufrieden. „Es ist nach wie vor eine gute Lauflage und wir sind unabhängig von Ärzten“, sagt Luh. Doch auch eine Innenstadt-Apotheke könne nicht ohne Stammkundschaft überleben. „Bei uns soll kein Kunde unverrichteter Dinge gehen“, sagt die Apothekerin. Großes Sortiment sei daher Pflicht. Und wenn einmal ein Medikament doch nicht vorrätig sei, werde geliefert. „Wir liefern im gesamten Wiesbadener Stadtgebiet“, sagt die Apothekerin. Und das soll immerhin 203,9 Quadratkilometer groß sein.

Außerdem gebe es viele inzwischen russische und arabische Touristen, auf die sich die 39-Jährige eingestellt hat. Ein Mitarbeiter spreche Russisch. Zeitweise beschäftigte sie auch einen arabisch sprechenden Kollegen. Heimbelieferung, Belieferung von OP-Centern und Arztpraxen seien das zweite Standbein der Apotheke. Sie würden für einen stabilen Umsatz sorgen.

Nur an der ruinösen Rabattschlacht mancher Kollegen will sich Luh nicht beteiligen. „Zwar haben wir auch Angebote, sind aber insgesamt keine preisaktive Apotheke“, sagt sie. „Denn auf Dauer kann man die Preise doch nicht durchhalten.“ Apotheker, die Preisdumping-Strategien fahren, würden nicht nur sich selbst, sondern auch anderen Kollegen schaden. Angesichts der sich rapide wandelnden Rahmenbedingungen in der Branche würde sich die Pharmazeutin mehr Zusammenhalt in der Apothekerschaft wünschen.

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