Knappschaft: 15 Euro für Windeln Maria Hendrischke, 30.03.2016 14:53 Uhr
Die Knappschaft zahlt für die Versorgung mit Inkontinenzhilfen ab Juni nur noch eine Monatspauschale von 15 Euro. Die seit 2014 laufenden Verträge wurden zum 31. Mai gekündigt. Bislang erhielten die Apotheker 21 Euro im Monat – künftig sind es fast 30 Prozent weniger. Im Gegenzug will die Kasse den Apotheken mit vereinfachten Prozessen entgegenkommen.
Die Knappschaft rechtfertigt die Kürzung der Pauschale mit Entlastungen für die Apotheker: Zum einen muss die medizinische Notwendigkeit der Versorgung ab Juni nur noch alle drei Jahre mit einem Rezept nachgewiesen werden. Zuvor sollte jährlich eine Verordnung vorgelegt werden. Zum anderen verlängert sich der Zeitraum, in dem das Rezept eingereicht werden kann, von zwei auf sechs Monate. „Unter Berücksichtigung der Prozessvereinfachungen für die Apotheke sowie der aktuell stattfindenden Marktentwicklung wurde der Vertragspreis angepasst“, heißt es in einem Schreiben an die Noch-Vertragspartner.
Eine Sprecherin der Knappschaft erklärte, dass einige Apotheken mit den bisherigen Zahlungen dazu in der Lage gewesen seien, eine bessere Inkontinenzversorgung zu leisten, als „gesetzlich vorgeschrieben oder medizinisch notwendig ist”. Daher habe die Knappschaft die Pauschale reduziert: „Da wir als Krankenkasse durch das Wirtschaftlichkeitsgebot den klaren Auftrag des Gesetzgebers haben, ausschließlich ausreichende, zweckmäßige, wirtschaftliche und nicht über das notwendige Maß hinaus gehende Leistungen zu gewähren, waren wir auch im Interesse aller Beitragszahler angehalten, die Verträge anzupassen.”
In der Vereinbarung wird auch die Inkontinenzversorgung der Versicherten der landwirtschaftlichen Krankenkasse geregelt. Anders als die Knappschaft zahlt die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) aber weiterhin eine Pauschale von 21 Euro. Apotheken können wählen, ob sie künftig die Versicherten beider Krankenkassen mit Inkontinenzhilfen versorgen wollen oder nur die SVLFG-Patienten.
Die bislang lieferberechtigten Apotheken wurden in dem Schreiben vom 21. März aufgefordert, bis Ende des Monats mitzuteilen, ob sie den neuen Verträgen beitreten. Hat die Kasse bis dahin keine Antwort von einer Apotheke erhalten, will sie ihren Versicherten mitteilen, „dass eine weitere Versorgung mit Inkontinenzhilfen über einen anderen Vertragspartner sichergestellt werden muss“.
Während die Knappschaft die Pauschale für Inkontinenzhilfen kürzt, überlegen Politik und GKV-Spitzenverband, wie die Versorgung mit Windeln verbessert werden kann. Die Krankenkassen würden die Qualitätsanforderungen an aufsaugende Inkontinenzhilfsmittel im Hilfsmittelverzeichnis deutlich anheben, teilte der GKV-Spitzenverband Mitte März mit. Produkte, die die neuen Anforderungen nicht erfüllen, werden aus dem Hilfsmittelverzeichnis gestrichen.
Gernot Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes, forderte alle Kassen auf, die bestehenden Versorgungsverträge zu überprüfen und an die neuen Vorgaben anzupassen. „Ich erwarte, dass in Zukunft kein Versicherter mehr Aufzahlungen leisten muss, um wirklich gut versorgt zu werden“, sagte er.
Derweil plant Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) ein Gesetz, um die Hilfsmittelversorgung zu verbessern. Im Dezember wurde ein Eckpunktepapier bekannt, in dem zahlreiche Änderungen angekündigt wurden: Demnach sollen die Versicherten künftig zwischen mehreren aufzahlungsfreien Hilfsmitteln wählen können, das Hilfsmittelverzeichnis soll überarbeitet werden und der Preis nicht mehr das alleinige Kriterium bei Ausschreibungen sein.
Im vergangenen Dezember hatte der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), mit seiner Kritik an der Inkontinenzversorgung die Diskussion über höherer Qualitätsstandards beschleunigt. „Seit geraumer Zeit äußert eine Vielzahl von Versicherten Beschwerden, wonach die Versorgung mit Hilfsmitteln wie Inkontinenzmitteln qualitativ nicht ausreichend ist“, hieß es in einem Positionspapier Laumanns.
Die Techniker Krankenkasse (TK) hatte im Februar neue Hilfsmittelverträge aufgesetzt. Sie zahlt eine monatliche Pauschale von 18,45 Euro. Die Barmer GEK hatte kurz zuvor eine Ausschreibung über aufsaugende Inkontinenzmittel aufgehoben, weil die Gebote der Hersteller zu niedrig waren: Offensichtlich hatten die Unternehmen einkalkuliert, dass viele Versicherte für bessere Produkte aufzahlen würden.
Andere Kassen zahlen noch weniger als die Knappschaft: Von der DAK erhalten Vertragspartner einem Bericht der Bild-Zeitung zufolge lediglich eine monatliche Pauschale von 12,50 Euro. Die AOK Hessen zahlt demnach monatlich 13 Euro, die Barmer GEK und die KKH jeweils 17 Euro.