Die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) erzürnt viele Testanbieter im Norden: Nach wie vor lässt sie Apotheken von einem Inkasso-Büro behelligen und fordert massenhaft Unterlagen als Voraussetzung für die Auszahlung. Apotheker Daniel Lemme hat das Geld für den August erst vor wenigen Tagen bekommen – der September wird nun noch einmal extra geprüft und die Vergütung wird er wohl frühestens Mitte Januar erhalten.
Die KVSH hat in den vergangenen Wochen so einigen Apotheken einen Schreck eingejagt. „Ich war im ersten Moment etwas überfahren, von einem Inkasso-Büro angeschrieben zu werden, denn ich war mir gar keiner Schuld bewusst“, sagt Lemme, der in Bad Oldesloe die Spitzweg-Apotheke betreibt. Doch es hatte alles seine Ordnung: Die KVSH hat das Kieler Inkasso-Büro Förstner damit beauftragt, die Teststellen des Landes unter die Lupe zu nehmen. Der Grund ist nachvollziehbar: Das liegt normalerweise nicht in ihrem Aufgabenbereich und entsprechend dürften die nötigen Kapazitäten dazu auch nicht ausreichen. „Das Unternehmen bietet die von uns benötigte Expertise einer Plausibilitäts-Rechnungsprüfung neben ihrer anderen Tätigkeit an“, erklärte ein Sprecher im November. „Wir haben uns aus nachvollziehbaren internen Gründen, da dies nicht unser Kerngeschäft ist, eines externen Dienstleisters bedient.“
Wie bei der DocMare-Apotheke in Schleswig ist jedoch auch bei Lemme die Begründung für die erneute Prüfung abenteuerlich: Es gebe zu wenige positive Testergebnisse. Deswegen würden die Monate August und September einer Prüfung unterzogen und die Auszahlung der Vergütung bis dahin ausgesetzt. „Wir hatten bei 2200 Tests fünf positive Fälle. Bei den damaligen Inzidenzen im August finde ich das überhaupt nicht auffällig“, sagt Lemme. Das gelte insbesondere, da sich schon laut Verordnung nur symptomfreie Menschen in der Apotheke testen lassen sollten. „Das sind meist welche, die es für den Arbeit oder den Eintritt unter 3G- oder 2G-Bedingungen brauchen. Dass da der Anteil der positiven Ergebnisse geringer ausfällt als in einer Arztpraxis wo die Leute kommen, weil sie Symptome haben, ist doch ganz klar.“
All das muss Lemme nun der KV erklären. Für August hat er das schon getan – vor wenigen Tagen, also Mitte Dezember, erhielt er das Geld für den August. „Aber September wird noch eine Weile dauern“, sagt er. „Mir wurde mitgeteilt, dass ich nochmal vom Inkasso-Büro angeschrieben werde und man dann tageweise meine Dokumente anfordert.“ Für 25 Prozent der Tage, an denen er getestet hat, soll er alle Dokumente einreichen. „Das muss ich jetzt alles kopieren und dahin schicken. Wenn man ein größeres Testzentrum mit hunderten oder tausenden Tests am Tag ist, dann sind das doch kistenweise Aktenordner.“
Auch dadurch komme wohl die Verzögerung zustande. Denn auch Lemmel griff zuerst einmal zum Telefonhörer und rief die KV an: Dort sei ihm nicht nur bestätigt worden, dass das Inkasso-Büro von der KVB beauftragt wurde, sondern auch, dass 250 der rund 400 Teststellen im Bundesland eine Prüfung über sich ergehen lassen müssen. „Die KV meinte zu mir, sie seien schon recht schnell in der Nachbearbeitung, aber bis das Geld für Dezember kommt, kann es noch dauern.“
Dass die KV die Teststellen prüft und sich dafür auch externe Hilfe holt, wolle er gar nicht kritisieren, so Lemme: „Das ist ihr gutes Recht und sie hat den gesetzlichen Auftrag dazu. Außerdem wurde ja zu Beginn auch sehr viel Schindluder getrieben.“ Allerdings frage er sich, ob es die richtige Vorgehensweise ist. „Wir müssen die Unterlagen doch sowieso bis 2024 aufbewahren, hätte man da nicht im Nachhinein prüfen können?“ Denn die jetzige Vorgehensweise mit der zurückgehaltenen Auszahlung sei angesichts der aktuellen Pandemielage kaum verantwortlich. „Ich betreibe eine Apotheke und verdiene mein Geld mit anderen Sachen, aber für reine Testzentren sieht es viel schwieriger aus.“ Die Testinfrastruktur in seiner Gegend sei schon im Oktober implodiert, als die kostenlosen Bürgertests abgeschafft wurden. „Ein Teststellenbetreiber hier in der Nähe meinte kürzlich ganz klar zu mir, dass er sich kein Bein ausreißen werde, die Teststelle wiederzueröffnen. Wenn er wegen der Prüfung so lange auf das Geld warten muss, dann macht es keinen Spaß, Material- und Personalkosten über Monate vorzustrecken.“
Hinzu komme noch der bürokratische Aufwand: „Wenn das ein großer Anbieter ist, dann muss der eine Vollzeitkraft anstellen, nur um den Datenfluss zu gewährleisten. Das ist jetzt nicht die Zeit dafür, wir müssen jetzt testen!“ Immerhin geht es bei ihm wie gewohnt weiter und er habe auch schon die Zusage erhalten, dass die Prüfungen auf den August und September beschränkt bleiben sollen. „Das Geld für Oktober soll also pünktlich kommen und müsste eigentlich vor Weihnachten da sein.“
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