Industrieapothekern droht Rente APOTHEKE ADHOC, 05.01.2012 16:29 Uhr
Apotheker, die nicht in der Offizin oder im Krankenhaus arbeiten, müssen möglicherweise um ihre Mitgliedschaft im Versorgungswerk bangen. Die Rentenversicherung Bund geht derzeit im Rahmen von Betriebsprüfungen gegen die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht vor. Mehrere Gerichtsverfahren sind bereits anhängig; derzeit kämpft der Lohnhersteller Vetter Pharma um die Rechte von acht angestellten Apothekern.
Im September 2010 hatte die Rentenversicherung Bund bei Vetter Pharma eine Betriebsprüfung durchgeführt und stichprobenartig die Befreiung der Pharmazeuten geprüft. Mit einer umfangreichen Dokumentation sowie einer Betriebsbesichtigung sollten die Prüfer davon überzeugt werden, dass die Tätigkeiten einschlägig „apothekerlich“ sind.
Ende November teilte die Behörde der Firma mit, dass die Beschäftigung nicht berufsspezifisch sei und die Voraussetzungen für die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung nicht gegeben seien: Laut Schreiben ist selbst für die Tätigkeit als Sachkundige Person die Approbation nicht zwingend erfordlich. Rückwirkend bis 2006 wurde den Apotheker die Befreiung aberkannt.
Die Betroffenen sehen das Vorgehen als „staatlichen Angriff auf die Befreiung der Apotheker außerhalb der Apotheke von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht“. In einem anonymen Papier wird gemutmaßt, dass Industrieapotheker generell ihre Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verlieren sollen. Hintergrund sei, dass es in Berlin eine neue Ressort-Chefin gebe, die die Prüfer im gesamten Bundesgebiet beauftragt habe, die Befreiungen kritisch zu prüfen. Dies habe im konkreten Fall aus Kompetenzgründen eine externe Gutachterstelle übernommen.
Vetter Pharma will bis Ende Januar schriftlich Stellung nehmen. Die Apotheker haben bereits ihr Versorgungswerk eingeschaltet. Nicht überall geht man davon aus, dass alle Industrieapotheker um ihre Befreiung bangen müssen: Es sei nicht wahrscheinlich, dass hier ein Präzedenzfall geschaffen werden solle, sagte der Geschäftsführer der Apothekerversorgung Schleswig-Holstein, Dr. Stefan Zerres: Überprüfungen könnten nämlich nur einzelfall- und tätigkeitsbezogen geben. Eine Tendenz, die Industrieapotheker systematisch auszuschließen, sei nicht zu sehen.
Eine einheitliche Rechtsprechung gibt es bislang nicht – insofern wird am Ende das Bundessozialgericht entscheiden müssen. Die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungswerke will sich in der kommenden Woche auf einem Treffen in Berlin mit dem Thema beschäftigen. Flankenschutz erhoffen sich die Apotheker von ihren Kammern, die den Dialog mit der Rentenversicherung Bund und dem Bundesarbeitsministerium suchen wollen.