In Miltenberg kommt das Testzentrum zu den Menschen

Pilotprojekt: Apotheker schickt Testbus durch Gemeinde

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Berlin -

Vor allem auf dem Land ist es oft weit bis ins nächste Corona-Testzentrum. Im bayerischen Miltenberg hat ein Apotheker für das Problem eine kreative Lösung gefunden: Er lässt das Testzentrum zu den Menschen kommen. Seit Freitag fährt ein Testbus täglich zehn Stunden durch den Landkreis und bietet den Menschen ein niedrigschwelliges Angebot. Die Nachfrage ist gewaltig, wie er erzählt.

Inhaber Thomas Grittmann zeigt, dass von innovativen Testkonzepten nicht nur die Bevölkerung und die Apotheken etwas haben können, sondern auch das lokale Gewerbe: Die Idee zum Testbus hatte nämlich weder der Pharmazeut noch der beteiligte Landkreis, sondern der lokale Tourismus-Unternehmer Stefan Ehrlich. „Seine Reisebusse stehen ja seit geraumer Zeit still, da hat er sich an den Landrat gewandt und ihm die Idee vorgeschlagen“, erzählt Grittmann. Der Landrat war angetan und suchte nach Apotheken, die wissen, wie man aus einem Reisebus ein Testzentrum machen kann. „Da wurde ich gefragt und habe sofort gesagt, ich bin dabei“, erzählt der Inhaber der Miltenberger Park-Apotheke.

„Wir haben uns dann zusammengesetzt und ein Konzept zum Umbau des Busses entworfen“, so Grittmann. Das sieht vor, dass das Fahrzeug selbst zur Einbahnstraße wird: vorn steigen die zu Testenden ein und registrieren sich für die Tests. Danach geht es zwischen den Sitzen den Gang entlang bis zum hinteren Ausgang des Busses. Dort wird der Abstrich genommen, bevor es direkt zur Treppe wieder herausgeht. Gebraucht es dafür den Ausbau einiger Sitze, den Einbau einiger Tische, eine Gardine, um die Privatsphäre zu wahren und Fensterfolien, damit nicht von außen einsehbar ist, wer sich gerade wie testen lässt.

Wie viel das alles kostet, weiß Grittmann selbst nicht ­– der Landkreis zahlt für Umbau und Fahrer. Er selbst kann die Tests über seine Apotheke wie alle anderen Bürgertests abrechnen. Was er allerdings bekunden kann, ist, wie schnell es ging: „Am Montag haben wir das erste Mal darüber gesprochen, am Freitag ist der Bus losgerollt.“ Natürlich rollt der Bus dabei nicht planlos durch die Gegend. Grittmann hat die Touren ausgearbeitet, jeden Tag geht es in einer andere Ecke des Landkreises auf die Dörfer und an viel frequentierte Orte wie Supermarktparkplätze oder Rathaus- und Bahnhofsvorplätze. „Wir haben jeden Tag eine feste Route, die auch auf der Internetseite des Landkreises einsehbar ist“, erzählt er. Am ersten Tag, vergangenen Freitag, habe er erst einmal belebte Orte anfahren wollen, um den Bus bekannt zu machen. Doch war gar nicht nötig.

Denn die Nachfrage sei überwältigend. „Es ist der Wahnsinn. Gestern zum Beispiel kamen wir elf Uhr an einem Rathaus an, da standen bereits 40 Leute und haben auf den Bus gewartet“, erzählt Grittmann. „Das ist schon beinahe grenzwertig, weil die Leute aus dem Dorf sich lange nicht gesehen hatte und das fast schon Festcharakter hatte, was man ja eigentlich vermeiden will. Aber glücklicherweise haben alle auf Abstands- und Hygieneregeln geachtet.“ Vor allem zeige das aber eins: dass vor allem in ländlichen Regionen nach wie vor großer Bedarf herrscht. Besonders drastisch sei das deutlich geworden, als Eltern mit ihren Kindern dem Bus kilometerweit hinterhergefahren sind, um den Nachwuchs für die Schule zu testen. „Das zeigt ganz klar das Versagen der Gesundheitspolitik“, sagt Grittmann.

Rund 500 Tests habe sein Busteam in den ersten beiden Tagen durchgeführt, darunter seien 9 positive Ergebnisse gewesen. Die Ergebnisse erhalten die Getesteten per E-Mail, Grittmann nutzt das Tool apotheken-schnelltest.de, „wenn eine ältere Dame oder ein älterer Herr keine E-Mail-Adresse haben, dann können sie auch warten und das Ergebnis nach 15 Minuten vor Ort erhalten.“ Grittmann selbst testet nicht im Bus, er ist nur für die Koorination verantwortlich. Neben Apothekerin Bich Thi Ngoc Tran-Ngo von der Franken-Apotheke in Wörth am Main, die einmal wöchentlich im Bus testet, bringt vor allem Grittmann Mitarbeiter ein, die er eigens für sein eigenes Testzentrum angestellt hat. „Das ist eine bunt gemischte Truppe. Es sind viele dabei, die gerade keine Arbeit haben oder in Kurzarbeit sind“, erzählt er. Vom nahegelegenen HNO-Arzt habe er beispielsweise drei Köche schulen lassen, damit sie Abstriche machen dürfen. Und er habe immer noch Bedarf nach mehr Personal, denn die Nachfrage reiße trotz nicht ab, selbst in Miltenberg, wo sein Testzentrum steht. „Die Menschen nehmen das niedrigschwellige Angebot einfach sehr gern an. Wenn wir zum Beispiel auf einem Supermarktparkplatz stehen, dann gehen die Leute schön shoppen und können sich vorher eben nochmal spontan und unkompliziert testen lassen.“

Noch mehr Bedarf könnte mit weiteren Bussen entstehen, denn darüber denke der Landrat derzeit nach. „Das ist noch Ausbaupotential“, sagt Grittmann. Die noch effizienter arbeitenden Testzentren könnten die Busse nicht ersetzen, doch sie seien auf jeden Fall eine sinnvolle Ergänzung. Und das Projekt sei einfach ein lokaler Erfolg: „Im Endeffekt freuen sich alle“, sagt Grittmann. „Die Firma freut sich, dass ihre Busse genutzt werden, die Fahrer freuen sich, dass sie arbeiten können, wir freuen uns, dass wir helfen können, die Menschen freuen sich über das bequeme Testangebot.“

 

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