Eine bosnische Apothekerin wartet seit November letzten Jahres auf eine Rückmeldung des Hessischen Landesamts für Gesundheit und Pflege (HLfGP). Während sie in ihrer Heimat Bosnien als Apothekerin eine Filiale leitete, kann sie in Deutschland lediglich als Praktikantin arbeiten – darauf wartend, dass das Amt sich rührt. Doch langsam wird das Geld knapp und sie spielt mit dem Gedanken, neue berufliche Wege einzuschlagen. Das Problem ist ein Dauerbrenner in Hessen.
Viele ausländische Fachkräfte warten in Hessen seit Monaten händeringend auf die Anerkennung ihrer Fachsprachenprüfung, auf Prüfungstermine oder die Ausstellung der Approbationsurkunde. Die Leidtragenden haben sich über die sozialen Medien miteinander vernetzt, tauschen sich über ihre Erfahrungen aus: „Man hat keinerlei Möglichkeit, die zuständige Behörde zu kontaktieren“, beklagt die Apothekerin. „Es gibt keinen zuständigen Kontakt. Wenn man zumindest wüsste, wie lange man warten muss, dann könnte man sich darauf einstellen und die Zeit gut nutzen. Eine Antwort zu bekommen, wäre doch wirklich das Mindeste“, äußert sie resigniert.
Das Hessische Landesprüfungs- und Untersuchungsamt (HLPUG), das seit Anfang 2023 in das Hessische Landesamt für Gesundheit und Pflege (HLfGP) übergegangen ist, rührt sich kaum. Dann und wann hat eine Kollegin oder ein Kollege etwas Positives zu berichten. „Mal ist es eine Approbationsurkunde, mal die Rücksendung von Unterlagen.“
Ihre Fachsprachenprüfung hat die Apothekerin bereits bestanden. „Danach muss man alle notwendigen Dokumente erneut einreichen und der Behörde zusenden. Dann bekommt man die Anmeldeformulare für die Kenntnisprüfung und die Berufserlaubnis.“ Für die Prüfung hätte sich die Apothekerin gerne schon bei der Kammer angemeldet, um Zeit zu sparen. Denn: Auf den Prüfungstermin wartet man bis zu einem halben Jahr. „Das kann ich aber nicht, weil die Behörde mir die Formulare und die Berufserlaubnis nicht zuschickt.“
Das HLfGP rührt sich nicht. Die Apothekerin war dazu aufgefordert, ihre Originaldokumente einzureichen; eine Bestätigung, dass diese eingegangen sind, hat sie nicht erhalten. Mehrere E-Mails bleiben unbeantwortet. Seit der Einreichung sind über sieben Monate vergangen.
Einige Kollegen, die ebenfalls auf eine Rückmeldung warten, sind bereits beim Amt vorstellig geworden. „Sie wurden weggeschickt“, berichtet die Apothekerin, „Man könne ihnen vor Ort nicht helfen, sie sollen sich telefonisch oder per Mail melden.“ Jedoch hebt niemand ab. Es gibt keine Antwortmails. „Ich kenne Apotheker, die 12 bis 24 Monate auf ihre Prüfungsunterlagen warten. Es gibt mehrere hundert Menschen, die nichts tun können und warten.“
Als die Apothekerin noch in Bosnien war, klangen die Berichte von Kolleginnen und Kollegen, die bereits in Deutschland waren, sehr vielversprechend. „Sie haben gesagt, dass es sehr einfach ist, in Deutschland Arbeit zu finden, auch wenn die Sprachprüfungen schwer sind.“ Während ihr Mann als ungelernte Person schnell einen gut entlohnten Job fand, kann die Apothekerin nur warten. „Für uns Fachkräfte ist es so, so schwierig, in Deutschland beruflich anzukommen.“
„Die Situation in Hessen ist die größte Katastrophe, die man sich vorstellen kann“, bestätigt auch der gesundheitspolitische Sprecher der FDP im Hessischen Landtag, Yanki Pürsün. Hier sei das Thema seit den letzten zwei Jahren akut, mit keinem Anzeichen einer Verbesserung. „In der Regel geht es hier um Menschen in einer schwierigen Situation mit wenig Beistand.“
Am schlimmsten bewertet Pürsün, dass sich aufgrund der bürokratischen Trägheit für einige ausländische Fachkräfte eine Abschiebung ergibt. „Einige Menschen verlassen auch auf eigene Faust Deutschland, weil sie der Auffassung sind, dass, wenn es bei einer Behörde schlecht läuft, es sich um ein bundesweites Problem handelt. So etwas spricht sich herum: ‚Kommt nicht nach Deutschland, kommt nicht nach Hessen‘. Das halte ich für grob fahrlässig, das sind hoch ausgebildete Menschen, die wir dringend brauchen.“
„Da fragt man sich, ob man in das richtige Land ausgewandert ist“, beklagt die Apothekerin. In ihrer Heimat Bosnien hat sie eine eigene Filiale geleitet. „Und jetzt habe ich gar keine Möglichkeit, hier in Deutschland beruflich Fuß zu fassen, bis ich die Berufserlaubnis bekomme.“ Vor gut einem Jahr hat sie ihren Job in Bosnien gekündigt. „Heute frage ich mich, ob ich nicht besser in der Heimat geblieben wäre.“
Die Bosnierin ist über eine Familienzusammenführung mit ihrem Ehemann vor sechs Monaten nach Deutschland gekommen. Weil ihr die Berufserlaubnis nach wie vor fehlt, kann sie lediglich als Praktikantin arbeiten. Zwar war das für die Anfangszeit in Deutschland gut, um Sprachkenntnisse auszubauen und Arbeitsabläufe kennenzulernen. „Aber ich habe mein Praktikum doch schon in Bosnien abgelegt. Ich will das nicht ewig so weitermachen. Finanziell sowieso nicht. Da frage ich mich, ob ich mir einen ganz anderen Job suche, bis ich die Berufserlaubnis bekomme.“
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