In vielen Städten stehen die Orte für die Impfzentren bereits fest. Von Sporthallen über ungenutzte Eventlocations bis hin zu stillgelegten Flughäfen – viele Gebäude scheinen die Voraussetzungen zum Umbau zu entsprechen. Alleine in Berlin sollen sechs Zentren entstehen, die Fertigstellung ist für Mitte Dezember geplant. Laut Medienberichten werden noch 1000 Freiwillige gesucht – ein Bewerberportal existiert aber nicht. Neben Krankenschwestern und Pflegern im Ruhestand sollen vor allem Flugbegleiter den Ablauf organisieren.
Um die gesamte Bevölkerung schnell und reibungslos impfen zu können, sollen in den kommenden Wochen im ganzen Land Impfzentren entstehen. Erklärtes Ziel von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ist es, Impfzentren bis zum 15. Dezember einsatzbereit zu haben. Verantwortlich für den Aufbau sind aber die Länder. In Berlin etwa sollen die knapp 3,8 Millionen Einwohner in insgesamt sechs Impfzentren versorgt werden. Die Orte stehen bereits fest: Umgebaut werden sollen Teile des ehemaligen Flughafens Tegel (Terminal C) und der Hangar 4 des ehemaligen Flughafens Tempelhof. Ebenfalls geimpft werden soll in der Messehalle 11, im Erika-Heß-Eisstadion in Mitte, im Velodrom in Pankow und in der Veranstaltungshalle Arena in Treptow-Köpenick.
Nicht fest steht, wer die Impfungen, die Vor- und Nachbereitung und die generelle Organisation übernimmt. Die logistischen Herausforderungen sind immens: Wenn täglich zehntausende Menschen geimpft werden sollen, kann schon die Anfahrt zum Problem werden. Ohne Terminvergabe droht Chaos, doch selbst mit einem gut strukturierten System der Anmeldung wird es wohl zu langen Warteschlangen kommen. Jeder Patient muss vor der Impfung aufgeklärt werden, außerdem muss eine Liege parat stehen. Sollte es zu Komplikationen kommen, müssen Ärzte und Sanitäter bereitestehen. Dazu kommt die Zubereitung und Verteilung des Impfstoffs sowie des Verbrauchsmaterials.
Die Impfungen an sich müssten von Ärzten durchgeführt werden, für alle anderen Schritte könnten auch andere Berufsgruppen herangezogen werden. „Wir brauchen weit über 1000 Leute zum Betrieb der sechs Impfzentren“, so Albrecht Broemme, Koordinator der Impfzentren in Berlin. Gegenüber dem Radiosender rbb 88.8. betonte er, wie dringend Freiwillige gesucht werden. „Es ist ein Bündel von Feuerwehr, Rettungsdienst, Rotes Kreuz, Hilfsorganisationen, DLRG, THW. Da ist für jeden genug Arbeit.“ Ein besonderes Augenmerk legt der ehemalige Präsident der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk auf Flugbegleiter – sie könnten zahlreiche Aufgaben in den Zentren übernehmen.
Auf Nachfrage bei der Lufthansa, was Flugbegleiter zum Impfhelfer qualifiziert, ist die Antwort eindeutig: „Die Impfung an sich dürfen die Flugbegleiter sicherlich nicht durchführen. Innerhalb der Ausbildung erhalten Flugbegleiter jedoch gute Kenntnisse über Erste Hilfe Maßnahmen und Hygienevorschriften“, erklärt ein Konzernsprecher.
Im März habe man bereits einmal einen Aufruf in Richtung der Flugbegleiter gestartet, damals mit dem Ziel, mehr Personal für die Pflege zu gewinnen. Mit einzelnen Kliniken wurden damals sogar Absprachen getroffen. „Tatsächlich ist es so, dass viele Flugbegleiter aus der Pflege kommen und zuvor in Heimen und anderen Gesundheitseinrichtungen gearbeitet haben. Da viele von ihnen nun seit Monaten in Kurzarbeit sind, könnten sie eine vorrübergehende Tätigkeit in einer Klinik oder eben einem Impfzentrum übernehmen.“
Der Einsatz von Flugbegleitern diene somit nicht dem Ersatz von ebenfalls benötigtem Pflegepersonal. Denn in den Impfzentren werden auch Mitarbeiter zur Koordination benötigt. Um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten, sollen die Menschen in Berlin nur auf Einladung ins Impfzentrum kommen. Feste Termine und Abläufe sollen Wartezeiten vermeiden. Nach Angaben des Senats sollen in der Hauptstadt zunächst 400.000 Menschen geimpft werden. Neben Beschäftigten im Gesundheitswesen sollen auch ältere Bürger priorisiert geimpft werden.
Laut Broemme sind lediglich fünf Impfkabinen pro Impfzentrum geplant. 30 Menschen könnten somit in Berlin zur gleichen Zeit geimpft werden. Genauere Aussagen zur Vor- und Nachbereitung fehlen bislang. Für die Aufklärung und Dokumentation sowie für die erste Zeit nach der Injektion müssten ebenfalls Räumlichkeiten zu Verfügung gestellt werden. Der genaue Prozessablauf ist noch im Aufbau.
Auch unklar ist, wo die Freiwilligen sich melden sollen. Durch eine fehlerhafte Verlinkung in einem Artikel sind bislang rund 250 Bewerbungen an falscher Stelle eingegangen. Auch das Vivantes-Klinikum erhielt Anfragen von Freiwilligen – ist jedoch bislang nur mit der Bereitstellung von geeigneten Kühlaggregaten in den Prozess involviert, wie ein Sprecher des Klinikverbundes erklärt. In anderen Bundesländern können sich Interessierte in Freiwilligen-Register eintragen. Für Berlin fehlt ein solches Register bislang.
Auch die Frage danach, welche Aufgabe die Apotheker und PTA beim Thema Corona-Impfung in Berlin übernehmen sollen, ist noch nicht geklärt. Weder das THW noch die Bundeswehr können sagen, wie und ob Pharmazeuten bei den Massenimpfungen in Berlin miteinbezogen werden.
Auch dem Vivantes-Klinikum ist nicht bekannt, ob PTA beispielsweise bei der Rekonstitution der Impfdosen vor Ort helfen sollen. Das Gesundheitsministerium in Schleswig-Holstein hatte vergangene Woche den Vorschlag unterbreitet, dass PTA die notwendigen Vorbereitungsschritte zum Aufbereiten des Impfstoffes übernehmen könnten. Ähnliche Pläne gibt es in Nordrhein-Westfalen. Laut aposcope-Umfrage wären zahlreiche PTA zur Übernahme dieser Aufgabe bereit. Die niedergelassenen Ärzte haben bereits erklärt, dass der Praxisbetrieb durch den Einsatz von medizinischem Personal in den Zentren nicht gefährdet werden dürfe. Daher werden Ärzte in Rente und Medizinstudenten rekrutiert.
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