Patienten suchen Hilfe in Apotheke

Impfpass.de: Ärzte drücken eigene Alternative in den Markt APOTHEKE ADHOC, 28.06.2021 15:37 Uhr aktualisiert am 01.07.2021 15:42 Uhr

Alternative mit Problemen: Als Impfpass.de ist bereits seit dem Frühjahr ein digitales Impfzertifikat bei Corona-Impfungen im Angebot – momentan hat die Anwendung aber offensichtlich mit technischen Schwierigkeiten zu kämpfen. (Symbolbild) Foto: shutterstock.com/Nattakorn Maneerat
Berlin - 

Die Apotheken müssen schon so achtsam genug sein, um digitale Impfzertifikate auszustellen. Darüber hinaus haben viele Apotheker:innen aber regelmäßig frisch geimpfte Kund:innen in der Offizin stehen, die wegen des QR-Codes kommen – allerdings nicht dem des offiziellen Impfzertifikats, sondern dem einer alternativen Impfpass-App. Die Ärzte dieser Plattform geben die Codes ihren Patienten nach der Impfung mit.

Impfpass-Apps gibt es viele, die meisten großen Krankenkassen bieten ihren Versicherten kostenlos welche, darunter AOK, Barmer oder auch die Techniker Krankenkasse. Die sind immer kostenlos – anders als das Angebot von „Impfpass.de“. Seit gut einer Woche hat die Berg-Apotheke, die eigentlich anders heißt, aber aus Rücksicht auf die Ärzte nicht genannt werden will, regelmäßig Kunden in der Offizin stehen – denn der kostenpflichtige Impfpass funktioniert anscheinend nicht einwandfrei bei Corona-Impfungen.

„Wir haben schon mehrmals QR-Codes vorgelegt bekommen, weil die Patienten die nicht mit dieser App einscannen können“, erklärt die Inhaberin. Und eine PTA, die den Fall schon mehrfach vor sich hatte, ergänzt: „Die Kunden kommen, weil sie zusätzlich zum gelben Impfpass in der Praxis immer diesen QWR-Code in die Hand gedrückt kriegen.“ Offenbar wollen die Ärzte in der Gegend dem alternativen digitalen Impfpass auf die Sprünge helfen.

Impfpass.de wird von der in Berlin ansässigen Gesellschaft zur Förderung der Impfmedizin mbH vertrieben und wurde von der Jenaer Zollsoft GmbH entwickelt. Die Unternehmen werben insbesondere in Richtung der Ärzte mit einer gut funktionierenden und umkomplizierten Einbindung der Software in die Praxisverwaltungssysteme. Vor allem im ostdeutschen Raum haben Ärzte den digitalen Impfpass bereits seit dem Frühjahr angeboten – er ist also älter als die Lösung, die über das DAV-Portal generiert wird. „Das ist eine Art Vorläufer des künftigen E-Impfpasses, der ja auf EU-Ebene als einheitlicher Standard entwickelt werden soll“, erklärte der Erfurter Hausarzt Dr. Volker Kieselstein Anfang Mai gegenüber dem MDR Thüringen Journal. Anders als die CovPass- oder die CoronaWarnApp kann Impfpass.de das gelbe Impfheft jedoch komplett ersetzen, da auch andere Impfungen darin gespeichert werden können.

Was Impfpass.de aber mit dem offiziellen Verfahren gemeinsam hat: Offenbar hat auch die App mit erheblichen technischen Problemen zu kämpfen. Ein Blick in die Bewertungen im Playstore verrät darüber viel: Gerade einmal 1,9 von 5 Sternen erhält die App im Durchschnitt von über 350 Bewertungen. Der Tenor ist einheitlich: „Die App mag nicht verkehrt sein, wenn sie richtig funktionieren würde.“ Viele Nutzer klagen vor allem, dass die Scan-Funktion seit Wochen nicht richtig funktioniere. Eigentlich sollte die für die Patienten eine Erleichterung sein: Direkt nach der Impfung erhalten sie in der Praxis den ausgedruckten QR-Code, den sie dann nur mit der App einscannen müssen, um die Impfung zu digitalisieren.

Nur genau daran hakt es, was wiederum Patienten in die Apotheken treibt, um dort Hilfe zu suchen. Die PTA aus der Berg-Apotheke musste sich erst einmal an den Anblick gewöhnen: „Das ist schon ein kurioser QR-Code. Er ist im Vergleich sehr groß, ungefähr zehn mal zehn Zentimeter, und besteht eigentlich aus mehreren ineinander verschachtelten QR-Codes“, erklärt sie. Sie habe versucht, den Kunden zu helfen – letztlich aber auch nichts ausrichten können. „Glücklicherweise hatten die Kunden auch immer ihren gelben Impfpass dabei, sodass wir ihnen wenigstens die offiziellen Impfzertifikate ausstellen können.“ Zollsoft arbeitet nach eigenen Angaben daran, die Fehler zu beheben: „Die Scanprobleme sind uns bekannt und treten in Einzelfällen bei alten Androidgeräten auf. Wir arbeiten an einer Lösung, für iOS besteht das Problem nicht“, so das Unternehmen. „Das sehen Sie übrigens auch an der sehr guten Bewertung von 4,6 Sternen unserer iOS-App.“

Impfpass.de unterscheidet sich jedoch auch in einem anderen Punkt grundlegend von der CovPass- und CoronaWarnApp: Das Angebot ist nicht komplett kostenlos. „Das Preismodell sieht eine kostenlose Basisversion vor, die ca. 90 Prozent der Funktionalität der App bietet, dauerhaft. Zusätzlich gibt es eine Plus-Version, die zusätzliche Features bietet, wie beispielsweise die Möglichkeit die kompletten Impfpässe von Familienangehörigen digitalisieren und vom Arzt bestätigen zu lassen“, so Zollsoft. Nutzerbewertungen im Playstore, die Gegenteiliges behaupten, seien „schlicht nicht zutreffend“.

*Anm: In einer früheren Version des Artikels hieß es, die gesamte App sei kostenpflichtig. Tatsächlich fallen nur für die Plus-Version Kosten an.