Impfpass von Telegram Alexandra Negt, 12.05.2021 14:11 Uhr
Geimpfte und Genesene erhalten mehr Freiheiten. Darüber hinaus steht der Sommerurlaub an. Doch nicht alle wollen sich impfen lassen. Währenddessen in Deutschland in diesem Jahr viele auf der Suche nach dem Impfpass sind und die Nachfrage nach dem gelben Papier in Arztpraxen und Apotheken steigt, wollen sich andere besser nicht impfen lassen und ordern ein vorausgefülltes Dokument bei Telegram-Händlern.
Findet sich der Impfpass nicht mehr, fragen die meisten Menschen ihren Hausarzt nach einem Neuen. Doch auch Apotheken können Impfpässe abgeben und die Nachfrage der Kunden steigt zur Zeit. Die gelben Heftchen können online bestellt werden. Neben Ärzt:innen und Apotheker:innen können auch Heilpraktiker, Impfzentren, Betriebsärzte oder andere medizinische Institutionen die Pässe bestellen. Auch das Deutsche Grüne Kreuz liefert die Impfausweise aus. Aufgrund des erhöhten Bestellaufkommens kommt es aktuell zu Lieferzeiten von bis zu zehn Tagen. Die neuen Ausweise enthalten bereits eine spezielle Seite zur Dokumentation der Corona-Impfung. Das Heft enthält mehrere Zeilen für die Impfung mit Comirnaty & Co. – falls eine jährliche Impfung empfohlen wird, ist im Ausweis ausreichend Platz zur Dokumentation.
Wer endlich seine Impfung erhalten hat, der sollte auch bei großer Freude das Ereignis nicht online teilen – zumindest nicht mit Bildern. Datenschützer warnen bereits länger davor, dass der eigene Impfpass nicht über die sozialen Medien geteilt werden sollte. Zu groß sei die Gefahr, dass die Chargen für Fälschungen genutzt würden. Wer auf eine Impfung, nicht aber auf die Vorzüge der Immunisierung, verzichten möchte, der kann sich auf der Plattform Telegram nun einen fertig ausgefüllte Impfass bestellen. Die Beschaffung in diversen Telegramm-Gruppen ist denkbar einfach: Mit der Schlagwortsuche „Impfpass“ gibt es gleich zahlreiche Vorschläge für Kontakte und Gruppen.
Preislich bewegen sich die Angebote zwischen 75 und 100 Euro für einen kompletten Pass – bei Abnahmemengen von mehr als drei Stück bieten viele einen Mengenrabatt. Bei einem Anbieter geht das Angebot weit über die alleinige Corona-Impfung hinaus. Auch Masern, Hepatitis oder Grippe – für einen Aufpreis können sich Interessierte bei Impfstoff24 einen vollständigen Impfpass zusammenstellen. Bestellt wird innerhalb der Telegram-Gruppe, bezahlt wird mit Kryptowährungen oder Amazon-Überweisung.
„Bei uns können sie sich ganz ohne gesundheitliche Risiken impfen lassen, wir liefern ihnen je nach Wunsch einen kompletten International Impfpass bis auf einzelne Chargennummern Aufkleber jeder Impfung, von Masern bis Covid-19“, so wirbt Impfstoff24 auf der Plattform. „Sie erhalten top Qualität die man nicht vom Original unterscheiden kann, jede verwendete Chargennummer ist original und wird bei einer Prüfung ohne Probleme akzeptiert“, heißt es weiter. Der Versand erfolgt per Einschreiben.
Für eine neuen Impfpass, der lediglich die Corona-Impfung enthält, werden 75 Euro fällig. Hierfür erhält der Käufer laut Angebot einen Impfpass und zwei Chargensticker – beispielsweise die Erst- und Zweitimpfung für einen der Corona-Impfstoffe inklusive Stempel. Günstiger wird es, wenn ein Impfpass vorhanden ist. Der Setpreis zum selber ausfüllen liegt bei 50 Euro. Hier wird ein „Stempel nach Wunsch“ mitverschickt. Dann können natürlich noch einzelne Chargensticker nachbestellt werden, gegebenenfalls hat der Kunde/ die Kundin dann ja schon einen Internisten-Stempel. Natürlich gibt der Anbieter an, dass alle Daten umgehend gelöscht werden, sodass eine Nachverfolgung unmöglich wird.
Was droht den Anbietern?
Beim gelben Impfpass handelt es sich um ein international anerkanntes Dokument. Wer es eigenständig ausfüllt oder bearbeitet begeht Urkundenfälschung. Dieser Tatbestand kann mit Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren geahndet werden. Doch die Ausstellung von gefälschten Gesundheitszeugnissen – und hierunter fällt ebenfalls der Impfpass – könnte auch lediglich mit einer Geldstrafe geahndet werden. Grundlage für die Fälschung von Gesundheitszeugnissen ist das Strafgesetzbuch (§ 277 StGB).
Was passiert, wenn der Impfpass verloren geht?
Eigentlich wird der Impfpass bei der Geburt ausgestellt, sodass die ersten Immunisierungen direkt in den gelben Pass eingetragen werden können. Doch mit den Jahren kann es vorkommen, dass das Dokument verloren geht. An einen neuen Impfpass kommt man relativ schnell – Nachtragungen darf jedoch nicht jeder vornehmen. Ärzt:innen sind nach §22 IfSG dazu bemächtigt, Eintragungen aus alten Impfausweisen oder Impfbescheinigungen in einen aktuellen Ausweis zu übertragen. Einzige Voraussetzung: Der Patient muss die betreffenden Impfungen nachweisen. In dem neuen Pass sind dann keine Sticker mehr enthalten – die handschriftliche Dokumentation reicht aus, da die Eintragungen ja vom Arzt/ von der Ärztin gegengezeichnet und gestempelt werden.
Wer seinen Impfpass verloren hat und sich sicher ist, dass nicht alle Immunisierungen erneut vorgenommen werden müssen, der kann sich bei seinem Hausarzt/seiner Hausärztin über die in den letzten zehn Jahren durchgeführten Impfungen informieren. Solange müssen die Dokumente aufbewahrt werden. In allen anderen Fällen verhält es sich wie beim QM-System in der Apotheke: Was nicht dokumentiert wurde gilt als nicht gemacht. Dann kann nur noch ein Antikörpertest durchgeführt werden. Der Status gibt Aufschluss darüber, ob bereits geimpft wurde oder nicht. Diese Ergebnisse darf der Arzt auch informell in den Impfpass übertragen. Diese handschriftlichen Ergänzungen müssen nicht anerkannt werden (beispielsweise als Einreisebedingung).