Impfaktion von Apotheken: Arzt stellt Strafanzeige Carolin Ciulli, 19.08.2021 14:33 Uhr
Mit regionalen Impfaktionen versucht Apotheker Dr. Nojan Nejatian seine Kund:innen vor einer Corona-Infektion zu schützen. Am Sonntag ist der dritte Impfmarathon geplant. Der Termin ist allerdings überschattet von einer angeblichen Strafanzeige gegen den Inhaber der Heegbach Apotheke im hessischen Erzhausen. Ein Arzt aus Reinheim klagt nicht nur ihn wegen des Verdachts auf Vorteilnahme an.
Nejatian erfuhr von der angeblichen Anzeige aus der Zeitung. Blätter der Mainzer Mediengruppe VRM berichteten, dass der Reinheimer Arzt Dr. Klaus Neutard Strafanzeige wegen des Verdachts auf Vorteilsnahme und -gewährung gegen den Apotheker gestellt hat. Auch sein Kollege, Dr. Harald Perschbacher, und der Mediziner Dr. Abrar Mirza, der Bürgermeister von Babenhausen, Dominik Stadler und die Kassenärztliche Vereinigung Hessen sollen ebenfalls angezeigt worden sein.
Neutard geht es den Zeitungsberichten zufolge darum, dass es auf geregeltem Weg nicht möglich gewesen sei, tausende von Impfdosen zu beschaffen. Seine Praxis befindet sich aktuell im Urlaub, für eine Stellungnahme war er nicht zu erreichen. „Ich kenne weder den Arzt noch die Gründe oder Vorwürfe“, sagt Nejatian. Bis heute habe er keine Nachricht von der Staatsanwaltschaft erhalten. „Vielleicht fühlt er sich benachteiligt, weil er selbst nicht so viele Impfstoffe bekommen hat.“
Auf Nachfrage bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt, bei der die Anzeigen eingereicht worden sein sollen, war einem Sprecher der Fall nicht bekannt. Er verwies an die Kolleg:innen in Fulda, die sich thematisch mit diesen Vorwürfen befassten. Der Apotheker hält unterdessen an seinen Impfaktionen fest. Der anfängliche „Frust“ und die „Enttäuschung“ seien vorbei, sagt er. Das habe vor allem mit dem guten Feedback seiner Kundschaft zu tun.
Für Sonntag hat der Apotheker wieder rund 200 Vials von Biontech besorgt. Die Bestellung gehe geordnet mit entsprechenden Verordnungen beim Großhandel ein, sagt er. Die Impfungen werden von einer Hausarztpraxis vor Ort, einem Mediziner aus Frankfurt und vier weiteren Ärzte der Hilfsorganisation Humanity First übernommen. Impfstoffe, die übrig blieben, melde er dem Regierungspräsidium, damit sie weitergeleitet werden können.
Im Bürgerhaus von Erzhausen wurde vom Team von Nejatian ein Art temporäres „Mini-Impfzentrum“ eingerichtet. „Die Organisation war schon nicht so einfach“, sagt er und ist stolz auf seine Mitarbeiter:innen und die gute Zusammenarbeit mit der Gemeinde. Seine Angestellten hätten die Patient:innen per E-Mail angefragt. Für die erste Impfaktion Ende Juni erhielt er genug Impfstoff, um 1385 Erwachsene mit Janssen immunisieren zu können.
Das Konzept sieht vor, dass es sich um eine erweiterte Arztpraxis mit zwei Impflinien handelt. Die große Menge an Impfstoff von Johnson & Johnson im Juni könne zustande gekommen sein, weil viele Ärzt:innen in der Region nicht so gern Vektorimpfstoffe benutzt hätten. „Ich habe bei meinem Großhandel angerufen und nachgefragt.“ Nach dem Erfolg wurde knapp einen Monat später erneut zum Impfen aufgerufen. Am 11. Juli konnten 115 Vials Comirnaty verimpft werden.