Der Bundestag und auch der Bundesrat haben das „Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen Covid-19“ beschlossen. Damit ist der Weg frei für Corona-Impfungen in Apotheken. Doch noch sind einige Fragen unklar, etwa wann und auf welcher Grundlage es losgehen kann und ob sich überall im Land Apotheker:innen beteiligen können.
Zugestimmt zum Gesetz der Ampel-Koalition von SPD, FDP und Grünen haben im Bundestag 571 Abgeordnete. Mit Nein votierten 80 Abgeordnete, 38 enthielten sich. Am Nachmittag winkte auch der Bundesrat in einer Sondersitzung das Gesetz durch.
Die spannende Frage ist, wann das Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird, denn am Tag danach treten die Regelungen in Kraft. Laut Juristen gibt es keinen Vorbehalt, dass die Kammer oder die Aufsichtsbehörde vorab zustimmen müssen; im Grunde müsste die Apotheke im Nachhinein nachweisen, dass sie die Anforderungen erfüllt und beispielsweise eine entsprechende Schulung absolviert hat.
Die Bundesapothekerkammer (BAK) hat noch bis Jahresende Zeit, ein Muster-Curriculum für die erforderlichen Schulungen der Apotheker:innen zu erarbeiten. Dies muss in Abstimmung mit der Bundesärztekammer (BÄK) geschehen; die Abda hatte sich in ihrer Stellungnahme die Streichung dieser Vorgabe gewünscht, auch um den gesetzten Termin halten zu können. Immerhin: Man arbeite „unter Hochdruck“ an dem Curriculum, heißt es von der Abda. Dem Vernehmen nach soll das Papier bereits in der kommenden Woche öffentlich gemacht werden.
Auch die Auflage, dass die Schulungen durch Ärzt:innen durchgeführt werden müssen, sollte gestrichen werden: Die Erfahrungen im Zusammenhang mit Grippeschutzimpfungen hätten gezeigt, dass es schwierig sei, ausreichend ärztliche Referentinnen oder Referenten zu gewinnen.
Außerdem hatte die Abda darauf hingewiesen, dass Apotheker:innen in Thüringen ausgeschlossen würden. Denn Corona-Impfungen dürfen laut Gesetzestext nur durchgeführt werden, wenn die geltende Berufsordnung dem nicht entgegensteht. „Die Berufsordnung der Landesapothekerkammer Thüringen sieht – anders als in den übrigen Ländern – gegenwärtig keine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Ausübung der Heilkunde vor“, so die Abda. „In Thüringen wäre dann eine Einbindung der Apotheken in die Impfkampagne nicht möglich, wenn man der Begründung des Gesetzes folgen wollte.“ Gestrichen wurde der Passus aber nicht, was laut Kammer aber unschädlich ist: Denn Bundesrecht sticht hier Landesrecht, nur Modellprojekte für Grippeimpfungen wären nach der Berufsordnung nicht möglich.
Unabhängig von der Frage, wann das Gesetz in Kraft tritt, hatten Bund und Länder vereinbart, dass die Delegation durch Ärzt:innen als Übergangslösung genutzt werden kann. So wurde es auch noch einmal festgehalten: „Die Möglichkeit der ärztlichen Delegation der Durchführung von Schutzimpfungen gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 auf nichtärztliches Gesundheitspersonal bleibt unberührt“, heißt es im Gesetz.
Insbesondere die Durchführung von Corona-Impfungen – egal ob Grundimmunisierung oder Auffrischungsimpfung – könne delegiert werden, heißt es in der Begründung. Hierfür eigneten sich Berufsgruppen, die „aufgrund ihrer Ausbildung grundsätzlich über die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie über eine aktuelle Berufserfahrung und Kenntnisse zum Umgang mit dem Impfstoff und zu medizinischen Fragen über Wirkung und Nebenwirkung des eingesetzten Impfstoffs verfügen, um sowohl die Impfung selbst durchzuführen wie auch erste Notfallmaßnahmen im Fall anaphylaktischer oder sonstiger Reaktionen einleiten zu können“.
Dies gilt laut Gesetzestext zwar vor allem für Pflegepersonal und Hebammen. Aber auch Apothekerinnen und Apotheker sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte könnten die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten im Rahmen einer Schulung erwerben. „Die bestehende Möglichkeit der Delegation ärztlicher Aufgaben sollte bestmöglich genutzt werden, um die Anzahl der durchgeführten Schutzimpfungen weiter zu erhöhen.“
Neben Corona-Impfungen in Apotheken wird mit dem Gesetz eine erste begrenzte Impfpflicht für Gesundheitspersonal und weitere Krisenregelungen eingeführt. Konkret sollen Beschäftigte in Einrichtungen mit schutzbedürftigen Menschen wie Pflegeheimen und Kliniken bis 15. März 2022 Nachweise als Geimpfte oder Genesene vorlegen müssen. Ergänzt und verlängert werden sollen auch Möglichkeiten für die Länder zu regional härteren Corona-Beschränkungen.
Laut Gesetz dürfen Apotheker:innen alle Personen, die das 12. Lebensjahr vollendet haben, gegen Covid-19 impfen – in der ursprünglichen Formulierungshilfe hatte die Altersgrenze bei 18 Jahren gelegen. Die Details sollen in einem neuen §20b im Infektionsschutzgesetz (IfSG) geregelt werden. Voraussetzungen sind, dass
Im Rahmen der Schulung sollen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Durchführung der Schutzimpfung gegen Covid-19 vermittelt worden sein, insbesondere zur Aufklärung, Anamnese und Ausschluss akuter Erkrankungen oder Allergien. Außerdem müssen Notfallmaßnahmen bei eventuellen akuten Impfreaktionen beherrscht werden. Vermittelt werden muss auch, wie die Impfberatung aussehen muss und wie die erforderliche Einwilligung einzuholen ist.
Die Schulungen sind so zu gestalten, dass sie bereits erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen berücksichtigen und auf diesen aufbauen. Mit dem Muster-Curriculum soll sichergestellt werden, dass „die Schulungen bundesweit möglichst einheitlich durchgeführt werden und zügig beginnen können“.
Dabei soll auf die Erfahrungen der ärztlichen Schulungen für Grippeschutzimpfungen zurückgegriffen werden. „Besonders zu berücksichtigen ist, dass die Schulungen gezielt auf die Impfung der Personengruppe zwischen 12 und 17 Jahren eingehen.“ Je nach Auslegung könnten Apotheker:innen, die Schulungen im Zusammenhang mit Modellprojekten zur Grippeimpfung absolviert haben, direkt ihre Kund:innen ab 18 Jahren impfen können.
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