Alpha-Apotheke: Vom Discounter zur Wellness-Offizin Lothar Klein, 24.04.2017 15:06 Uhr
Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance. Nichts ist daher schwieriger als ein einmal vorhandenes Image abzustreifen. Das haben nur wenige Unternehmen geschafft – und Apotheker Markus Fischer mit seiner Alpha-Apotheke im Centro in Oberhausen. Aus der preisaktiven Discount-Apotheke hat er eine „Wellness-Offizin“ gemacht – und den Ertrag gesteigert. Das hat aber Zeit gekostet. Denn Gewohnheiten sind zäh, wie Fischer erlebt hat. Nach eineinhalb Jahren funktioniert die alte Alpha-Apotheke jetzt wieder mit neuen Konzept.
Das Centro Oberhausen ist Europas größtes Einkaufszentrum mit 125.000 m2 Verkaufsfläche. Mehr als 250 Einzelhandelsgeschäfte verteilen sich auf zwei, teilweise drei Ebenen. Es besteht ein direkter Autobahnanschluss und für Pkw stehen 14.000 kostenlose Parkplätze zur Verfügung. 5000 Menschen arbeiten im Centro und jedes Jahr kommen 23 Millionen Besucher dorthin. Besser geht es eigentlich nicht.
Und trotzdem hat es seine Vorgängerin geschafft, die Alpha-Apotheke ins wirtschaftliche Abseits zu führen. Verantwortlich dafür macht der neue Inhaber die Discount-Politik seiner Vorgängerin. Rabatte, Rabatte, bis zu 50 Prozent, sei das Geschäftsmodell gewesen. Trotz der enormen Zahl an Laufkundschaft hat das aber nicht funktioniert, sondern Verluste eingefahren.
2014 hat Apotheker Fischer die Alpha-Apotheke übernommen: „Als erste Maßnahmen habe ich die Preise knallhart auf Listenpreise gesetzt.“ Das hat verständlicherweise nicht alle Stammkunden begeistert. „20 Prozent der Oberhausener Klientel sind weggeblieben“, zieht Fischer sein Fazit: „Die anderen sind wegen der engen persönlichen Bindung an mein Personal aber geblieben.“
Aber die internationale Kundschaft habe das neue Preismanagement gar nicht bemerkt. Die kommen und gehen jeden Tag. Das Centro in Oberhausen ist vor allem bei Niederländern als Einkaufstempel beliebt. Viele Besucher kämen zudem aus orientalischen und arabischen Ländern. „Und die kommen nicht wegen einer Pillenbox“, so Fischer. Also hat er sein Konzept umgekrempelt.
„Give-aways“ wie Taschentücher gibt es in der Alpha-Apotheke auch nicht mehr. Schlagartig ist die Kundenfrequenz gesunken. „Statt 500 Kunden kamen nur noch 330 Kunden pro Tag in meine Apotheke“, berichtet Fischer. Das habe natürlich Sorgen bei seinen Mitarbeitern ausgelöst. Doch die konnte der Apotheker rasch aus dem Weg räumen. Denn der Rohertrag sei kräftig um 10.000 Euro pro Monat gestiegen. Die Apotheke war saniert, die Arbeitsplätze gesichert.
Nach dem Preisschock hat Apotheker Fischer die Alpha-Apotheke thematisch neu ausgerichtet: „Ich habe die Kosmetik forciert, eine Wellness-Offizin entwickelt. Das gehört sich so für eine Center Apotheke“, findet er. Partner dabei war L‘Oréal.
Doch der Transformationsprozess war leichter angeordnet als umgesetzt und hat eineinhalb Jahre gedauert. „Ich habe begonnen, meine Mitarbeiter gezielt zu schulen – Kosmetik und insbesondere Kosmetik für alte Menschen“. Denn ins Centro in Oberhausen fahren täglich zahllose Busse mit Senioren. So ein Umdenken gehe nicht von heute auf morgen.
Inzwischen ist die Alpha-Apotheke wieder ein rentables Geschäft geworden: „Keine Goldgrube, aber eine Apotheke mit normaler Rentabilität“, wie Fischer sagt. Weil er viel Personal wegen der langen Öffnungszeiten benötigt, sind die Kosten hoch. Trotzdem: Auch seine 22 Mitarbeiter sind inzwischen überzeugt vom neuen Konzept.
Täglich außer sonntags von 10 bis 21 Uhr öffnet die Alpha-Apotheke, vor Weihnachten sogar jeden Tag bis 22 Uhr. Doch nicht nur die vielen Millionen Besucher sieht Fischer als seine Kunden: „Hier arbeiten 5000 Menschen. Da gibt es noch Potenzial.“
Den nächsten Schritt in die digitale Zukunft hat Fischer schon vorbereitet. In Kürze wird ein neuer Verkaufsautomat aufgestellt: „Der Online-Shop in der Präsenzapotheke“, wie Fischer sagt. Gekauft werden können am Automaten Freiwahlprodukte per Handklick auf dem Monitor. Bezahlt wird am Automaten mit der EC-Karte.
Im Backoffice fallen die Produkte aus dem Kommissionierer in einen Verkaufskorb, werden dann von den Mitarbeitern verpackt und gegen die Quittung an die Kunden ausgehändigt. Die Arbeit erledigen PKA.
Gerne möchte Fischer das Konzept auch für OTC-Produkte der Sichtwahl einsetzen. Das bereitet aber noch Probleme, weil die Ware nur von pharmazeutischem Personal abgegeben werden darf. „Der Nachweis, dass immer eine PTA das Päckchen packt, ist nicht leicht zu führen“, beschreibt Fischer das Problem. Darüber muss er noch mit seiner Amtsapothekerin beraten und nach einer Lösung suchen.