IfH-Studie

Landapotheken: Mehr Arbeit für weniger Geld Lothar Klein, 21.03.2017 13:20 Uhr

Berlin - 

Mit Nacht- und Notdiensten, Botengängen sowie der Versorgung von Pflegeheimen tragen Apotheken zur flächendeckenden Arzneimittelversorgung in Deutschland bei – vor allem auf dem Land. Mit der Kurzstudie „Die Apotheke vor Ort – oft unterschätzt und doch unersetzlich“ nahm das Institut für Handelsforschung (IfH) in Köln die Leistungen von Präsenzapotheken unter die Lupe. Die Ergebnisse weisen deutliche Unterschiede zwischen Stadt und Land aus. Landapotheken müssen deutlich mehr Nacht- und Notdienste schieben als ihre Kollegen in der Stadt – liegen beim Umsatz aber deutlich zurück.

Das IFH befragte für die Studie insgesamt 1679 Apotheken. Laut IfH übernehmen die befragten Apotheken in Städten mit weniger als 5000 Einwohnern durchschnittlich 2,8 Notdienste pro Monat. Apotheken in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern sind hingegen nur 1,2 Mal monatlich außerhalb der regulären Öffnungszeiten erreichbar. Gleichzeitig versorgen Apotheken im ländlichen Raum weniger Notdienstkunden als Stadtapotheken.

Den häufigsten Kundenkontakt haben Apotheken in Städten mit 20.000 bis 50.000 Einwohnern mit durchschnittlich 57 Notdienstkunden pro Monat – während Apotheken in Städten mit weniger als 5000 Einwohnern nur von 27 Kunden aufgesucht werden. Zwangsläufig erzielen Apotheken in kleinen Städten pro Notdienst damit auch weniger Umsatz als jene in größeren Städten.

Als weiteres Ergebnis weist die IfH-Studie aus, dass der Botendienst häufiger genutzt wird, je kleiner die Stadt und je weiter die nächste Apotheke entfernt ist: Apotheken in kleineren Orten beliefern im Schnitt 196 Kunden pro Monat mit Arzneimitteln. Die Anzahl der per Botendienst versorgten Kunden nimmt mit zunehmender Einwohnerzahl kontinuierlich ab.

So nutzen in Großstadtapotheken mit mehr als 100.000 Einwohner pro Monat nur 135 Kunden den Botendienst. Dieses Verhältnis spiegelt sich auch beim Blick auf die Entfernung zwischen Apotheken: Je weiter die Präsenzapotheken verstreut liegen, desto mehr Kunden versorgen die einzelnen Apotheken durch Botengänge.

Auch wenn es um die Belieferung von Pflege- und Altenheimen geht, sind laut IFH Apotheken im ländlichen Raum überdurchschnittlich aktiv. So versorgen etwa zwei Drittel der Apotheken in Orten mit bis zu 20.000 Einwohnern auch Bewohner von Heimen mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten. In Großstädten über 100.000 Einwohner geben dies nur knapp vier von zehn befragten Apotheken an.

Unter dem Strich erzielen die Landapotheken aber nur einen niedrigeren Umsatz. Ländliche Apotheken setzen mehrheitlich nicht mehr als zwei Millionen Euro jährlich um. Laut IFH setzen acht von zehn Apotheken, die in einer Entfernung von mehr als fünf Kilometern bis zur nächsten Apotheke liegen, nur bis zu zwei Millionen Euro jährlich um.

17 Prozent kommen immerhin auf bis zu drei Millionen Euro Umsatz, aber nur 3 Prozent darüber. Zum Vergleich: In Orten mit einem dichten Apothekennetz, wo die Präsenzapotheken maximal 500 Meter auseinanderliegen, erzielen 13 Prozent der Apotheken mehr als drei Millionen Euro Umsatz, 22 Prozent zwischen zwei und drei Millionen Euro und knapp 65 Prozent einen Umsatz bis zu zwei Millionen Euro.

Das Gefälle spiegelt sich auch in der Kundenfrequenz wider: 75 Prozent der Dorfapotheken haben weniger als 4000 Kunden pro Monat. Hingegen haben 40 Prozent der Stadtapotheken mehr als 4000 Kunden pro Monat, 12 Prozent sogar mehr als 6000 Kunden.

Das Fazit des IFH: „Im ländlichen Raum müssen zentrale Aufgaben der Apotheken, wie Nacht- und Notdienste, Botengänge und Heimversorgung, auf weniger Schultern verteilt werden. Jede einzelne Präsenzapotheke leistet hier einen überdurchschnittlichen Beitrag zur flächendeckenden Arzneimittelversorgung. Damit sie das auch in Zukunft tun können, müssen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen. In besondere Weise gilt dies mit Blick auf Gegenden, in denen das Apothekennetz bereits heute vergleichsweise dünn ist, wo der Ausfall einer einzelnen Apotheke also kaum kompensiert werden kann, “ so Dr. Markus Preißner, Wissenschaftlicher Leiter am IFH Köln.