Bereits seit Anfang des Jahres sind Ibuprofen-Fiebersäfte von Ratiopharm nicht lieferbar. Nun meldet eine Apotheke in Karlsruhe, dass das Problem zumindest in Baden-Württemberg schon zu einem flächendeckenden Lieferengpass bei sämtlichen Ibuprofen-Generikaherstellern ausgewachsen ist. Ausgenommen sind nur noch die Marken Nurofen (Reckitt Benckiser) und Dolormin (J&J). Und die Originalpräparate sind teurer.
Apotheker Dr. Stefan Noé von der Bären-Apotheke in Karlsruhe fiel der Lieferengpass am Montag auf. Eltern kamen mit ihrem fiebernden Kind in die Apotheke: „Wir konnten nur das Antibiotikum auf dem Rezept abgeben und mussten die Eltern für den Fiebersaft vorerst vertrösten.“ Die Rabattprodukte der Kasse, Ibuflam 4 Prozent Fiebersaft und Ibu Ratio 40 mg/ml Fiebersaft, waren nicht lieferbar.
Damit fing für den Apotheker die Fiebersaft-Odyssee erst an. Es folgten diverse Kinderrezepte, die ebenfalls nur mit den Markenartikeln Nurofen und Dolormin beliefert werden konnten. Denn die günstigen Produkte können nicht mehr über den Großhandel vor Ort bezogen werden. Dazu zählen für den Raum Karlsruhe zurzeit neben Ibuflam und Ibu Ratio auch die Kindersäfte der Ratiopharm-Schwester AbZ sowie die Produkte von Stada (Ibudolor) und Aliud. Hinzu kommt der Ibuhexal-Saft.
Bei Ratiopharm ist das Problem schon länger bekannt. So hatte der Hersteller zu Jahresbeginn das Überweiser-Geschäft gestrichen, um der Rabattvertragssituation gerecht zu werden. Der Konzern hatte auf Nachfrage erklärt, dass der Engpass bei den Ibu-Säften von Ratiopharm durch eine Rohstoffverknappung ausgelöst worden sei.
Zur aktuellen Lage erklärte eine Ratiopharm-Sprecherin, dass der Saft mit 40mg/ml für Kinder nach wie vor nicht lieferbar sei. Als Grund des Engpasses gab sie erneut die Rohstoffknappheit für Ibuprofen an. Inzwischen terminiert der Konzern den vermutlichen Liefertermin für seine Fiebersäfte etwas genauer: „Wir erhalten im April neue Ware, sobald der neue Rohstoff bei uns eintrifft, wird unsere Pharmafertigung mit Hochdruck produzieren.“
Der Inhaber der Bären-Apotheke vermutet globale Ursachen für den Engpass: „Wenn Hafenarbeiter in Bombay streiken und ein Container im Monsun-Regen nass wird, wie bereits passiert, dann kann schon mal eine oder mehrere Chargen ausfallen.“
Ibu-Säfte in der 2- und 4-prozentigen Formulierung à 100 ml der Marken Nurofen und Dolormin sind noch immer gut lieferbar. Wie lange das so sein wird, bleibt angesichts der momentanen Knappheit auf dem Ibuprofen-Markt abzuwarten.
Aus Sicht der Apotheker im Raum Karlsruhe verhalf auch eine Anfrage beim Landesapotheker-Verband (LAV) Baden-Württemberg nicht zur Lösung. Noé wurde empfohlen, umliegende Kinderärzte um das Aut-idem-Kreuz für die einzig verfügbaren Markenprodukte Nurofen und Dolormin zu bitten. Die wirtschaftliche Lösung aus dem Dilemma hat sich der Leiter der Bären-Apotheke nun selbst gesucht: „Wir bedrucken mit der Sonder-PZN und einem Vermerk und geben die Originale ab.“ Zusätzlich würden sämtliche Lieferdefekte dokumentiert.
Dabei fürchtet der Apotheker Retaxationen und betrachtet sein Vorgehen als finanzielles Risiko. „Der Nurofen-Fiebersaft ist bei Eltern recht beliebt – er soll auch besonders gut schmecken“, so Noé. Die andere Seite der Medaille sei die befürchtete fehlende Rückendeckung der Kassen: „Wir Apotheker sind gerne bereit zu einem Mehraufwand, besonders auch bei Kindern. Wir erwarten von den Kassen für die höherpreisigen Produkte Rückendeckung – und dass sie uns wirtschaftliche Entscheidungen zutrauen.“
Ein Großhändler bestätigte, dass in seinen Niederlassungen in Baden-Württemberg seit rund zwei Wochen keine Ware verfügbar sei. Für die Eltern in der Bären-Apotheke ging der Engpass gut aus: Weil auch der entferntere Großhändler einen Defekt meldete, gab der Apotheker den Eltern Nurofen mit.
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