In den meisten Fällen läuft die Arzneimittellieferkette vom Hersteller über den Großhandel in die Apotheke. Ist ein Arzneimittel dort nicht vorrätig, bestellen es Apotheker über den Großhandel. Genau das tat auch Apotheker Gunnar Müller von der Detmolder Sonnen-Apotheke mit dem Krebsmedikament Ibrance – doch Pfizer lieferte zunächst nicht. Erst nach einem Schriftwechsel und einer zweiten Bestellung reagierte der Konzern und entschuldigte sich. Trotzdem rät Pfizer, in dringenden Fällen besser direkt beim Hersteller zu ordern.
Gegenüber APOTHEKE ADHOC räumte Pfizer ein, dass „ein Apotheker Ibrance über seinen Großhandel bestellt hatte, zunächst aber nicht mit dem Medikament beliefert worden war“. „Für den Patienten und den Apotheker dadurch entstandene Unannehmlichkeiten bedauern wir sehr“, so eine Pfizer-Sprecherin. Warum die erste Bestellung von Apotheker Müller nicht beliefert worden war, will Pfizer nicht erklären, sondern flüchtete sich in eine allgemein gehaltenen Erklärung: „Generell gibt es verschiedene Gründe, aus denen es gelegentlich zu Teil- oder Nicht-Lieferungen kommen kann. Dies ist auch den Großhändlern bekannt, die hierzu – nach unserem Kenntnisstand – keine Einzelfall-Kommunikation erwarten.“ Nachlieferungen seien in solchen Fällen nicht üblich und würden auch seitens des Großhandels in der Regel nicht ersucht. Pfizer: „Im konkreten Falle haben wir über den Großhändler eine Folgebestellung erhalten und beliefert. Wir gehen davon aus, dass das Medikament zwischenzeitlich in der Apotheke eingetroffen ist.“
Ibrance sei über den Großhandel bestellbar. „Auch bieten wir ergänzend die Möglichkeit einer Direktbestellung an. Da diese in der Regel innerhalb von 24 Stunden erfolgt, ist auch in zeitkritischen Fällen eine Versorgung der Patientinnen und Patienten in Deutschland jederzeit sichergestellt“, verweist Pfizer auf die Direktbestellung. Der pharmazeutische Großhandel sei für Pfizer „in der bedarfsgerechten Patientenversorgung ein wichtiger und geschätzter Partner“. Die Zusammenarbeit zwischen Pfizer und den in Deutschland agierenden Großhändlern erachte Pfizer „als vertrauensvoll und gut“.
Dieser Erklärung vorausgegangen war ein Schriftwechsel mit deutlicheren Worten: „Mit großer Verwunderung musste ich heute zur Kenntnis nehmen, dass mein Großhändler trotz einer entsprechenden Bestellung in dieser Woche keine Lieferung von Ihnen erhalten hat“, hatte sich Apotheker Müller bei Pfizer beschwert. Möglicherweise möge dies bei einer weltweit agierenden Firma „nur ein einfacher Lieferengpass sein“. Für ihn und den zu versorgenden Patienten, der dieses Medikament seit gut einem halben Jahr regelmäßig benötige, stellten Unregelmäßigkeiten dieser Art jedoch eine „erhebliche Belastung und Verunsicherung“ dar – einmal abgesehen von dem zusätzlichen Aufwand und den zusätzlichen Aktivitäten mit und seitens meines Großhändlers. Müller: „Ich halte diesen Umstand deshalb für indiskutabel und fordere Sie ultimativ auf, die Versorgung mit diesem Medikament nunmehr sicherzustellen.“
„Ibrance ist in vollem Umfang lieferfähig“ und die Versorgung der Patienten, die das Medikament benötigen, sei sichergestellt, antwortete Pfizer Apotheker Müller. Die zweite Bestellung werde daher umgehend bearbeitet: „Um darüber hinaus eine Patientenversorgung sicherzustellen, bieten wir Ihnen gerne an, Ibrance jederzeit direkt bei Pfizer zu bestellen. Bei einer Direktbestellung erfolgt die Lieferung in der Regel innerhalb von 24 Stunden“, so Pfizer.
Das stellte Apotheker Müller nicht zufrieden: „Mit großer Empörung“ habe er diese Antwort zur Kenntnis genommen. Die ihm seitens seines Großhändlers übermittelten Daten ließen nicht den Schluss zu, dass Ibrance in vollem Umfang lieferfähig sei oder „dass eine regelmäßige Versorgung der vollversorgenden Großhändler von Pfizer sichergestellt wäre“. Das „impertinente Angebot“, den Artikel in dieser durch Pfizer selbst verursachten Mangelsituation dann doch direkt bei Pfizer zu bestellen, „setzt dem ganzen Kontigentierungsgezatter dann noch die Krone auf“.
Offenbar verstehe ein Mitglied des vfa wohl mehr von der Forschung als von den Grundzügen eines von gegenseitiger Achtung geprägten, funktionierenden Marktgeschehens mit Herstellern, traditionellen Apotheken und den vollversorgenden Pharmazeutischen Großhändlern, so Müller. Offensichtlich müsse auch hier die Politik endlich einmal aktiv werden, „um zum einen die Auswüchse des für alle Beteiligten äußerst aufwändigen Ein-Paket-eine-Rechnung-ein-Medikament-Direktbelieferungsbusiness endlich einzudämmen und zum anderen die Versorgung von Engpass-Arzneimitteln endlich sicherzustellen, bevor sie vollständig in den Graumarkt-Kanälen versickert“.
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