PharmDL-Schiedsspruch Teil 1

How to: Erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation

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Berlin -

Bis zu 90 Euro können Apotheken künftig für pharmazeutische Dienstleistungen (PharmDL) abrechnen. Die Details regelt der Schiedsspruch; für die fünf Kategorien gibt es neue Anhänge zu Anlage 11 des Rahmenvertrags. Teil 1: „Erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation“.

Die „Erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation“ besteht laut Schiedsspruch aus der „Arzneimittelerfassung mittels Brown-Bag-Review und einer anschließenden pharmazeutischen Arzneimitteltherapiesicherheits-Prüfung auf arzneimittelbezogene Probleme (ABP)“. Aufgabe der Apotheken ist es, eventuelle Neben- oder Wechselwirkungen oder sonstige Schwierigkeiten zu bewerten und „soweit wie möglich“ zu lösen. „Hierzu kann auch die Rücksprache mit den behandelnden Ärztinnen/Ärzten erfolgen.“ Diese erhalten bei Einverständnis der versicherten Person einen schriftlichen Bericht.

Ziele

  • Erhöhung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) durch Erkennen und Lösen bestehender oder Prävention potenzieller arzneimittelbezogener Probleme (ABP)
  • Erhöhung der Effektivität der Arzneimitteltherapie
  • Verbesserung der Qualität der Arzneimittelanwendung
  • Förderung der Therapietreue
  • Förderung der Verbreitung eines AMTS-geprüften Medikationsplans
  • Zusammenarbeit zwischen den Heilberufen stärken

Durchführung

Grundlage ist die Leitlinie der Bundesapothekerkammer (BAK) zur Qualitätssicherung: Medikationsanalyse“.

Datenerhebung und Datenerfassung

Im strukturierten Patientengespräch, das auch im häuslichen Umfeld durchgeführt werden kann, sollen mittels „Brown-Bag-Review“ alle erforderlichen Informationen erhoben werden, auch Datenquellen wie Medikationspläne, Arzneimittelliste, Anweisungen zur Einnahme/Dosierung oder Entlass- und Arztbriefe einschließlich relevanter Laborwerte und ärztlicher Diagnosen sollen durchgesehen werden. Die so erfasste Gesamtmedikation soll im Rahmen der pharmazeutischen AMTS-Prüfung mindestens auf folgende in der Leitlinie genannte ABP geprüft werden:

  • (Pseudo-)Doppelmedikation
  • Interaktionen
  • ungeeignetes bzw. unzweckmäßiges Dosierungsintervall
  • ungeeigneter bzw. unzweckmäßiger Anwendungszeitpunkt auch in Zusammenhang mit Mahlzeiten)
  • ungeeignete bzw. unzweckmäßige Darreichungsform
  • Anwendungsprobleme
  • Nebenwirkungen
  • mangelnde Therapietreue
  • Indikation für Selbstmedikation ungeeignet
  • Präparate der Selbstmedikation für Indikation ungeeignet
  • Über- oder Unterdosierungen in der Selbstmedikation
  • Kontraindikationen für Arzneimittel der Selbstmedikation
  • nicht sachgerechte Lagerung

„Detektierte ABP werden bewertet und Lösungsvorschläge erstellt“, heißt es im Schiedsspruch. „Die Lösungsvorschläge werden bei Bedarf und Zustimmung der versicherten Person mit der zuständigen Ärztin / dem zuständigen Arzt und im Abschlussgespräch mit der versicherten Person besprochen und der Medikationsplan der versicherten Person erstellt bzw. aktualisiert.“ Anschließend erfolge die Dokumentation durch die zuständige Apothekerin oder den zuständigen Apotheker.

Der aktualisierte Medikationsplan soll auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) oder in „anderen elektronischen Medien der TI (ePA)“ gespeichert und mit Zustimmung des Patentienten zusammen mit weiteren relevanten Informationen etwa zu möglichen Interventionen oder Vorschlägen dem hauptbetreuenden Arzt „in vorgegebenem, vorzugsweise in elektronischem Format (technische Schnittstelle Dienst für Kommunikation im Medizinwesen (KIM)) schriftlich übermittelt“ werden.

Anspruchsberechtigung

Den neuen Service in Anspruch nehmen können alle Patient:innen in der ambulanten, häuslichen Versorgung, die „aktuell und voraussichtlich auch über die nächsten 28 Tage mindestens 5 Arzneimittel (verschiedene, ärztlich verordnete, systemisch wirkende Arzneimittel / Inhalativa) in der Dauermedikation einnehmen bzw. anwenden“.

Leistungsvoraussetzung

Nur Apothekerinnen und Apotheker sind zur Erbringung dieser Dienstleistung berechtigt. Sie müssen eine Fortbildung auf Basis des Curriculums der Bundesapothekerkammer „Medikationsanalyse, Medikationsmanagement als Prozess“ absolviert haben. „Weitere, bereits vorhandene und mindestens gleichwertige, Fortbildungen sind ebenfalls derzeit ausreichend: Athina, Armin Apo-AMTS, Medikationsmanager BA KlinPharm, Weiterbildung Geriatrische Pharmazie, Weiterbildung Allgemeinpharmazie.“ Nach Aufforderung der Krankenkasse ist eine gültige Bescheinigung vorzuweisen.

Häufigkeit

Die Dienstleistung kann je Versichertem einmal alle zwölf Monate erbracht und abgerechnet werden. „Bei erheblichen Umstellungen (definiert als mindestens 3 neue / andere systemisch wirkende Arzneimittel / Inhalativa innerhalb von 4 Wochen als Dauermedikation) kann die Dienstleistung vor der 12-Monatsfrist erbracht und abgerechnet werden.“ Dann beginnt die Frist von vorne.

Vergütung/Abrechnung/Dokumentation

Für die Abrechnung soll das Sonderkennzeichen „Erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation“ genutzt werden; die PZN steht noch nicht fest. Für die Gesamtleistung wird eine Vergütung von 90 Euro netto fällig. „Kommt das vereinbarte terminierte Abschlussgespräch nicht zustande, hat mindestens ein weiterer telefonischer Kontaktversuch durch die Apotheke zu erfolgen. Ist auch dieser nicht erfolgreich, erfolgt das Versenden des Berichtes an die Ärztin / den Arzt.“

Priorisierung

Für den Fall, dass die Summe der Abrechnungspreise der von allen öffentlichen Apotheken quartalsweise zur Abrechnung eingereichten pharmazeutischen Dienstleistungen den zur Verfügung stehenden Ausschüttungsbetrag überschreitet, erhält die Medikationsanalyse die erste zur Auszahlung anstehende Priorität.

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