AvP-Insolvenzverwalter Dr. Jan-Philipp Hoos hat gegenüber APOTHEKE ADHOC klargestellt, dass er auch gegen die beteiligten Banken Ansprüche prüfen und voraussichtlich geltend machen wird. Das habe aber mit einem möglichen Vergleich mit betroffenen Apothekern nichts zu tun.
Viele von der Insolvenz des Rechenzentrums betroffene Apotheker:innen hoffen darauf, dass ihre Forderungen aus der Rezeptabrechnung ausgesondert werden können. Doch das ist aufgrund der verworrenen Vertragslage, einer chaotischen Buchführung bei AvP und den gegenüber den Kostenträgern gestellten Sammelrechnungen nicht so einfach. Insolvenzverwalter Hoos sieht diese Aussonderungsrechte in den allermeisten Fällen als nicht gegeben an. Dagegen können die Apotheker:innen klagen – worauf es aller Voraussicht nach herausläuft.
Denn die Alternative wäre ein möglicher Vergleich, bei dem die Apotheker vorab einen Teil ihrer Forderungen ausgezahlt bekommen, dafür aber auf Klagen verzichten. Ein solcher Deal ist aber nach den aktuellen Entwicklungen in weite Ferne gerückt. Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas, der etliche AvP-Opfer vertritt, hat einem ersten Vorstoß in diese Richtung in einem Schreiben an seine Mandanten eine Abfuhr erteilt. Die in Aussicht gestellten Quoten seien derart niedrig – nämlich unter 10 Prozent – das sich das Risiko nicht lohne, auf die Chance einer Aussonderung zu verzichten, so das Schreiben sinngemäß.
Hoos bezeichnete diese Darstellung als „verkürzt und in der Sache unzutreffend“. Zunächst einmal habe er gar kein konkretes Angebot unterbreitet, sondern in Abstimmung mit dem Gläubigerausschuss skizziert, wohin die Reise gehen könnte. In einem möglichen Vergleich würden zudem nicht nur Gelder verteilt, die schon da sind, sondern auch Forderungen freigegeben, die bislang noch nicht von den Kostenträgern freigegeben sind. Man müsse dann konkret prüfen, was rechnerisch möglich ist, „es wären aber sicher mehr als 10 Prozent“, so Hoos.
Zudem müsse man berücksichtigen, dass bei Vorabausschüttungen wiederum Rückstellungen gebildet werden müssten im Interesse der vom Vergleich nicht betroffenen Gläubiger, deren Forderungen bislang bestritten sind. Auch diese Summe würde nach Abschluss des Verfahrens dann aber verteilt werden können.
Nicht stehen lassen will Hoos den Vorwurf, er würde seine „Hausaufgaben“ in Bezug auf die Ansprüche gegen die beteiligten Banken nicht machen. „Natürlich werden Anfechtungsansprüche geprüft und voraussichtlich auch geltend gemacht, das wissen auch die Banken.“ Hoos bestätigt, dass diese Anfechtung noch nicht erfolgt ist, dies werde aber „sehr kurzfristig“ erfolgen.
Er betont aber auch, dass das mit einem möglichen Vergleich mit den Apothekern nichts zu tun habe. „Das hat insbesondere auf die Höhe der ersten Vorabausschüttung eines Vergleichs keinen Einfluss, da die Erlöse aus dieser Anfechtung den Gläubigern ohnehin erst viel später zufließen würden.“ Denn Hoos kann nicht erwarten, dass die Banken eine Anfechtung wortlos akzeptieren werden, auch hier stehen also die Option Klageverfahren oder Vergleich im Raum.
Hintergrund: Es geht um die Rückführung der Beträge, die die Banken kurz vor dem Insolvenzantrag vereinnahmt haben. Viele Apotheker vertreten den Standpunkt, diese Beträge hätten den Gläubigern zugestanden und müssten der Insolvenzmasse zugeführt werden. Die Banken dürften sich ihrerseits auf eigene Abtretungsvereinbarungen mit AvP berufen, wobei dann wieder die Rechtmäßigkeit dieser Vereinbarungen gerichtlich überprüft werden könnte. Es ist kompliziert.
Die Klärung der Bankenfrage kann laut Hoos aber nicht abgewartet werden. „Wenn man einen Vergleich mit den Apothekern schließen will, bietet sich das jetzt an. Laufen erst einmal Klagen wegen der nicht gewährten Aussonderungsrechte, wird dieser Schritt deutlich schwieriger, weil alle Seiten erst einmal den Ausgang der Klagen abwarten. Denn hinter einem Vergleich müsste sich ein Großteil der Forderungen der Offizinapotheken versammeln. Das sind 345 von insgesamt 626 Millionen Euro der angemeldeten Forderungen.
Dass die Anfechtung bei den Banken noch nicht erfolgt ist, ist laut Hoos keine Besonderheit, sondern für ein Insolvenzverfahren eher typisch. Die Frist dafür betrage drei Jahre – auch wenn man diese in diesem Fall sicher nicht ausschöpfen werde.
APOTHEKE ADHOC Debatte