Digitalausschuss

Homeoffice dank Telepharmazie

, Uhr aktualisiert am 11.06.2024 11:51 Uhr
Berlin -

Der Begriff Telepharmazie hat für die Apotheken und das Bundesgesundheitsministerium (BMG) eine gänzlich unterschiedliche Bedeutung. In einem Punkt herrscht Einigkeit – Telepharmazie wird künftig eine wichtige Rolle in der Versorgung spielen. Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) hat in Abstimmung mit der Bayerischen Landesapothekerkammer (BLAK) ein Whitepaper beziehungsweise Positionspapier zur Telepharmazie vorgelegt. Stichwort Homeoffice.

Das BMG plant Apotheken ohne Approbierte. Voraussetzung, dass PTA auch ohne Apotheker:in Arzneimittel abgeben dürfen, ist die Erreichbarkeit eines/einer Approbierten via Telepharmazie. Aus Sicht der Abda hat dies nichts mit Telepharmazie zu tun, der Begriff beziehe sich ausschließlich auf das Apotheken-Patienten-Verhältnis. So sieht es auch der Vorsitzende des AKNR-Digitalisierungsausschusses, Marc Kriesten, genauso wie seine bayerische Kollegin Franziska Scharpf, die in den vergangenen Jahren an den entsprechenden Dokumenten gearbeitet haben.

Am vergangenen Mittwoch wurde nun bei der AKNR ein entsprechendes Konzept vorgestellt, bei dem Homeoffice eine entscheidende Rolle spielt. Beide Kammern stünden hier voll dahinter. Zudem hatte der Ausschuss ein Whitepaper und Positionspapier zum Thema Telepharmazie beschlossen. „Statt, wie es das ominöse Eckpunkte-Papier des BMG zur Zukunft der Apotheken vorsieht, irgendwie so telepharmazeutisch tätig zu werden, sehen wir eine große Notwendigkeit für eine fundierte Basis und genaue Planung“, so Kriesten. Da er und Scharpf die assistierte Telepharmazie aus Karl Lauterbachs Eckpunkten als Abwertung des Konzepts ansehen, haben sie diese auch außen vor gelassen. Bei Lauterbach sei Telepharmazie als Baustein nur vorgeschoben.

Die organisatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen müssen so gestaltet werden, dass für Apotheken vor Ort und Krankenhausapotheken ein Nutzen entstehe und kein Missbrauch betrieben werden könne. „Das Thema Homeoffice für die künftige Attraktivitätssteigerung der Arbeitsplätze haben wir berücksichtigt“, so Kriesten. Im Sinne der modernen Arbeitswelt sei es unabdingbar, hier den richtigen Rahmen zu stecken und gleichzeitig mehr Möglichkeiten als Arbeitgeber bieten zu können.

Telepharmazie spielt tragende Rolle

„Telepharmazie wird in der Zukunft der Apotheke eine tragende Rolle spielen, um die Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung zu stemmen“, so Kriesten. Mit dem Whitepaper wurde einen Grundstein gelegt, um die Apotheke vor Ort und die Krankenhausapotheken in der digitalen Zukunft zu positionieren und konkurrenzfähig zu machen.

Telepharmazie werde als „Kommunikation des pharmazeutischen Personals von öffentlichen Apotheken und Krankenhausapotheken im Rahmen einer pharmazeutischen Tätigkeit“ definiert, „bei der sich das Apothekenpersonal sowie die Leistungsempfänger nicht am gleichen Ort aufhalten.“

Homeoffice möglich

Dank Telepharmazie könne pharmazeutisches Personal theoretisch auch im Homeoffice arbeiten – „solange eine eindeutige Anbindung in Form eines Beschäftigungsverhältnisses an eine öffentliche Vorortapotheke vorliegt und die Weisungshoheit nach § 7 ApoG weiter gewährleistet ist. Weiterhin sind § 3 (4) ApoBetrO und § 20 (1) S. 2 ApoBetrO zu berücksichtigen“, so Kriesten.

Mögliche To-dos im Homeoffice könnten die Beratung zu digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) sein sowie Teile der pharmazeutischen Dienstleistungen, Präventionsleistungen, Medikationschecks und auch andere Bereiche, in denen eine physische Präsenz der Patient:innen vor Ort nicht erforderlich sind, wären denkbar. Welches Personal dabei aus dem Homeoffice heraus arbeiten könne, sei von der entsprechenden Beratung abhängig. Natürlich dürften PTA auch aus dem Homeoffice heraus via Telepharmazie nur zu den Dingen eigenständig beraten, wie sie es eben auch vor Ort dürften. Alles andere müsse Approbierten überlassen werden, so Kriesten.

„Die Apothekerkammer Nordrhein spricht sich für die vergütungsfähige Implementierung von telepharmazeutischen Angeboten in den Apotheken vor Ort und den Krankenhausapotheken aus, um den Versorgungs- und Beratungsbedarf der Kunden und Patienten niedrigschwellig und zeitgemäß zu decken“, so Kammerpräsident Dr. Armin Hoffmann.

Für die Kammer stellen die Überlegungen des Ausschusses einen wichtigen Beitrag zur aktuellen politischen Debatte dar und setzen einen wichtigen Impuls für die weitere Entwicklung der Telepharmazie im gesamten Gesundheitswesen. Die BLAK hat ein eigenes, aber sehr ähnliches Whitepaper und Positionspapier zur Telepharmazie vorgelegt. Beide Arbeiten sollen auch die Abda bei ihrer künftigen Definition von Telepharmazie unterstützen. Es gehe um das Erarbeiten eines größtmöglichen Nutzens, bei größtmöglicher Sicherheit. Ein „Wuchern“, wie bei Telemedizin-Anbietern, sei auf jeden Fall zu verhindern.

Aus dem Positionspapier „Telepharmazie“ der BLAK

Auch die BLAK hat sich Gedanken zu den Rahmenbedingungen gemacht, die für eine adäquate und vor allem nicht durch Profit getriebene Unternehmen betriebene Telepharmazie herrschen müssen.

So sei der rechtliche Rahmen anhand der Apothekenbetriebsordnung zu berücksichtigen:

  • „§ 4 Abs. 1 ApBetrO: Die Betriebsräume müssen nach Art, Größe, Zahl und Einrichtung geeignet sein, einen ordnungsgemäßen Apothekenbetrieb, insbesondere die einwandfreie Entwicklung, […], und die Information und Beratung über Arzneimittel oder Medizinprodukte, auch mittels Einrichtungen der Telekommunikation, zu gewährleisten.“
  • § 17 Abs. 2 S. 8 ApBetrO: „Die Beratung kann auch im Wege der Telekommunikation erfolgen.“
  • § 3 Abs. 4 ApBetrO: „Die Bewertung der Analyse und die Beratung im Rahmen eines Medikationsmanagements müssen durch einen Apotheker der Apotheke erfolgen.“
  • § 20 Abs. 1 S. 2 ApBetrO: „Die Verpflichtung zur Information und Beratung über Arzneimittel muss durch Apotheker der Apotheke ausgeübt werden, …“

Demnach sei die Anbindung an die Apotheke vor Ort nicht zwingend notwendig, die Beratung durch eine Apothekerin oder einen Apotheker der jeweiligen Apotheke jedoch schon.

Personal und pDL

Die Beratung müsse durch das Personal der Apotheke stattfinden, „da die Leistung über den Apothekenbetrieb beworben und angeboten wird“, so die BLAK in ihrem Positionspapier. Telepharmazeutisch Tätige müssten zudem den Weisungen der Apothekenleiterin oder des Apothekenleiters unterliegen (§ 7 ApoG). Außerdem heißt es: „Die persönliche Beratung im Sinne der Apothekenbetriebsordnung als Kernaufgabe der apothekerlichen Tätigkeit darf sich nicht von Institution Apotheke lösen“, wodurch ein Outsourcen per Callcentern nicht möglich wäre.

Pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) seien zudem nur in Einzelfällen per Telepharmazie zu erbringen. Es dürfe nicht vergessen werden, dass auch zum Beispiel bei einer Medikationsanalyse zum Teil die persönliche Inaugenscheinnahme der Patient:innen notwendig sei.

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