In der Corona-Krise haben viele Apotheken ihren Botendienst ausgebaut. Immerhin wird dieser Service jetzt vergütet – aber das ist im Einzelfall kaum kostendeckend und auch nur vorübergehend. Deshalb suchen Inhaber nach Alternativen. Eine Möglichkeit sind Abholfächer. Damit können die Apotheken nicht nur Botenfahrten sparen, sondern womöglich sogar die Öffnungszeiten reduzieren.
Die Firma Pharma Service Systeme (PSS) stellt solche Abholfächer her und profitiert von den gestiegenen Sicherheitsmaßnahmen in den Apotheken. „Im Moment ist die Nachfrage wegen Corona deutlich gestiegen. Die Kunden wollen kein zweites Mal in die Offizin gehen, um ihr Medikament abzuholen“, berichtet PSS-Marketingchef Tobias Lang.
Rund 200 solcher Systeme sind bundesweit installiert. Eigentlich wollte die Firma aus dem baden-württembergischen Reichenbach in diesem Jahr mit 50 neue Anlagen installieren, jetzt könnten es 70 werden – also 40 Prozent mehr als geplant. Der Vertrieb hat es derzeit leichter als in der Vergangenheit. „Die Apotheker haben verstanden, was das Abholsystem bringt“, so Lang.
Damit meint er vor allem die Ersparnis beim Botendienst: 250.000 Botendienste leisteten die Apotheken gemeinsam im Jahr, im Durchschnitt 13 pro Tag je Apotheke. „Und mit jedem Botendienst legt der Inhaber Geld auf die Straße.“ Pro Ausfahrt müsste man, Verschleiß und Personalaufwand eingerechnet, mit Kosten von acht bis zehn Euro rechnen, so Lang. „Jede Ausfahrt heißt, dass die Apotheke an der Abgabe nichts verdient.“ Spare sich die Apotheke drei Botendienste pro Tag, würde sich ein Abholfach schon lohnen.
Diese Rechnung ist das Vertriebsargument für die Abholfächer. Denn die kosten bei PSS je nach Größe zwischen 12.000 und 24.000 Euro. In der kleinsten Version gibt es 15 Abholfächer, die größeren Modelle haben 30, 60 und 90 Fächer. Wenn man schon den Aufwand mit einem Wanddurchbruch betreibt, sollte die Lösung auch zukunftsfest sein, findet Lang. Er rät deshalb dazu, lieber kein zu kleines Gerät zu beschaffen. Auf Wunsch können Notdienstklingel und Gegensprechanlage integriert werden, eine automatische Notdienstanzeige ist schon enthalten.
Der Kunde kann wählen, ob er per eMail oder SMS benachrichtigt werden möchte, wenn seine Arzneimittel abholbereit sind. Bestückt werden darf der Automat nur von Approbierten oder PTA. Eine weitere rechtliche Voraussetzung ist, dass sich das Gerät in den Betriebsräumen der Apotheke befinden muss. Die Blende zur Außenseite ist nach PPS-Angaben isoliert, sodass in den Fächern dieselbe Temperatur herrscht wie in der Apotheke. Eine eigene Klimatisierung wäre zwar möglich, Lang zufolge aufgrund der rechtlichen Vorgaben für die Offizin aber überflüssig.
Rechtlich noch nicht zulässig ist eine Anbindung an den Kommissionierautomaten. Marktführer Rowa hatte vor nunmehr zehn Jahren die entscheidende Schlacht um sein Abholterminal Visavia vor dem Bundesverwaltungsgericht verloren. Seitdem wartet der Markt darauf, das sich die rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland ändern. Auch PSS wäre im Prinzip bereit dafür: Eine Anbindung über Förderband und Wendelrutsche ist möglich, Schnittstellen zu allen Herstellern entwickelt. Nur erlaubt ist die Anbindung eben derzeit nicht.
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