3 Prozent für Apotheken, 19 Prozent für Staat

Hochpreiser: „Wir sind staatlich gezwungene Steuereintreiber“

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Berlin -

Dem Gesundheitssystem fehlt es an Geld. Die Krankenkassen rechnen mit einem Milliardendefizit und statt einer Erhöhung des Apothekenhonorars ist nur eine Umverteilung geplant. Dabei verdient der Staat bei der Arzneimittelversorgung kräftig mit – auf dem Rücken der Apotheken. Denn die dienen bei hochpreisigen Arzneimitteln lediglich als Steuereintreiber, findet Apotheker Andreas Binninger.

Das Problem: Bei Hochpreisern tritt der Fixzuschlag von 8,35 Euro gegenüber dem 3-prozentigen Aufschlag rechnerisch zunehmend in den Hintergrund und fällt bei sehr teuren Arzneimitteln quasi gar nicht mehr ins Gewicht. Für Binninger ist diese Marge nicht mehr als eine Handlingsgebühr für das Eintreiben der Mehrwertsteuer – und zwar auf dem Niveau der Kreditkartengebühren.

Seine Forderung ist es daher, die Umsatzsteuer für erstattungsfähige Arzneimittel auf 7 Prozent zu senken. Die Mehrwertsteuer sei für den Staat eine wichtige Einnahmequelle und das gelte auch für Arzneimittel, für die ein Steuersatz von 19 Prozent erhoben werde. Für Binninger ein „riesiges Ärgernis“: Vor allem bei Hochpreisern sei der Staat ein Preistreiber und generiere höhere Einnahmen als die Apotheke.

Denn: Für jeden Euro Netto-Verkaufspreis, den ein Arzneimittel koste, verdiene die Apotheke aktuell 3 Cent. Für den Staat fielen 19 Cent auf jeden Euro des Verkaufspreises an und somit ein Vielfaches der prozentualen Marge der Apotheken. Schon bei einem Verkaufspreis ab 61 Euro sei der Mehrwertsteueranteil höher als die Marge der Apotheken.

Staat bekommt das Sechsfache

Binninger rechnet vor: „Der Preistreiber bei Hochpreisern ist nicht der Zuschlag in Höhe von 3 Prozent, sondern die Mehrwertsteuer.“ Für Revlimid (Lenalidomid) 5 mg N1, Verkaufspreis 8029 Euro, wird eine Mehrwertsteuer in Höhe von rund 1280 Euro fällig. Zum Vergleich: Die Marge der Apotheke liegt bei gerade einmal 200 Euro. „Die Senkung der Mehrwertsteuer für Arzneimittel wird eine Entlastung für die Kassen bringen. Der einzige ‚Gewinner‘ bei hochpreisigen Arzneimitteln ist derzeit der Staat.“

Daher fordert Binninger für erstattungsfähige, verschreibungspflichtige Arzneimittel den ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent anzuwenden. Die Idee dahinter: Die Steuerersparnis entlastet die Kassen und könnte anteilig auch für eine Erhöhung des Apothekenhonorars genutzt werden. „Ich fordere den Staat auf, endlich seinen Beitrag zur Entlastung der gesetzlichen und privaten Versicherer zu leisten und sich nicht weiter am Arzneimittelmarkt zu bereichern, während er von den Leistungserbringern ständig Opfer fordert, um die GKV-Ausgaben in den Griff zu bekommen.“

Allerdings müsse dann darauf geachtet werden, dass Hersteller infolge der Absenkung nicht die Arzneimittelpreise anheben. „Festbeträge könnten weiter ausgeweitet werden“, schlägt Binninger vor. „Natürlich will der Staat nicht auf Geld verzichten, aber was nützt es, wenn die GKV auf der anderen Seite wieder staatlich gefördert werden muss.“

Mehrwertsteuer belastet Beiträge

Mit Blick auf das Defizit der Kassen ist mit einer Erhöhung der Versichertenbeiträge zu rechnen. Die Leidtragenden seien aber auch die Arbeitgebenden und damit auch die Apotheken. „Steigt der Beitragssatz für meine Angestellten, erhöht sich auch der Arbeitgeberanteil“, so Binninger. Zusätzliche Kosten, die die Apotheken erbringen müssten – ohne eine Erhöhung des Fixums zu erhalten.

Alle Parteien – GKV, private Kassen, Versicherte und Hersteller – stünden unter einem hohen Druck. „Die Beiträge für Privatversicherte sind ebenfalls gestiegen“, so Binninger. Eine Ursache ist für den Apotheker schnell ausgemacht. „Die Hochpreiser belasten die Kostenträger enorm.“

In den Apotheken würden immer mehr Rezepte mit Hochpreisern beliefert. Diese seien für die Apotheken nicht nur ein wirtschaftliches Risiko, weil Retaxgefahr bestehe, sondern auch, weil bei den Apotheken nur der Umsatz aber nicht zwangsläufig der Rohgewinn steige.

Kartengebühr größer als Marge

Ein weiterer Grund: die Problematik mit den Kartenzahlungen. „Die Abrechnungsgebühren für Debit- und Kredit-Karten können bei 1 bis 3 Prozent liegen“, so Binninger. Dabei seien die versteckten Kosten nicht miteinberechnet. Denn mitunter komme es auf das Kleingedruckte an. So könnten beispielsweise bei Firmenkreditkarten zusätzliche 1,3 Prozent Gebühr obendrauf kommen.

Sinke der prozentuale Zuschlag wie geplant von 3 auf 2 Prozent, liege die Gebühr mitunter sogar über dem Fixzuschlag. „Wir wechseln nur noch Geld oder zahlen drauf. Keine andere Einzelhandelsbranche würde unter diesen Voraussetzungen ihre Ware verkaufen. Wir werden staatlich dazu gezwungen.“

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