HIV-Selbsttests: Verkauf noch schleppend Torsten Bless, 09.10.2018 14:49 Uhr
Seit dem 29. September dürfen HIV-Selbsttests für den Heimgebrauch verkauft werden. Nach dem Tag der Deutschen Einheit tauchten sie auch in den ersten Vor-Ort-Apotheken auf. Noch hält sich die Nachfrage in Grenzen, berichten die Kollegen.
Bundestag und Bundesrat hatten schon ihren Segen zur Abgabe der HIV-Selbsttests in Apotheken, Drogerien und dem Online-Handel gegeben. Doch erst mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am 28. September fiel der offizielle Startschuss. Am letzten Donnerstag hat Erik Tenberken den HIV-Selbsttest in die Freiwahl seiner Kölner Birken-Apotheke gestellt. „Viele wurden neugierig und kamen mit Fragen zu uns: Wie funktioniert der Selbsttest, ist er wirklich zuverlässig?“ Der Absatz stehe hinter dem Interesse noch weit zurück: „Wir haben bisher etwa fünf Selbsttests verkauft.“
Ebenfalls am Donnerstag ging der Verkauf in der Stuttgarter Apotheke 55 los. Es habe schon zuvor telefonische Nachfragen gegeben, sagt Inhaber Thomas Nitschke. „Ich selbst habe schon vier Tests abgegeben.“ Der Verkauf der HIV-Schnelltests eröffne ihm und seinen Kollegen eine neue Klientel. „Das sind Menschen, die sich nicht in einer Beratungsstelle oder dem örtlichen Gesundheitsamt untersuchen lassen wollen.“ Problematisch sei der Verkauf auch in den Drogerien. „Da gehört mehr dazu als etwa der Verkauf eines Schwangerschaftstests. Die Arbeit fängt erst an, wenn ein HIV-Test positiv ausfällt, die dann nötige Betreuung kann kein dm oder Rossmann leisten.“ Nitschke dagegen verfügt nach eigenen Worten über ein gut ausgebautes Netzwerk zur örtlichen Aidshilfe und den HIV-Schwerpunktpraxen. „Die Patienten, die den Test hier erworben haben, haben sich bewusst für die Apotheke entschieden“, freut er sich.
Seit letzten Freitag hat die Berliner Witzleben-Apotheke die HIV-Selbsttests im Angebot. Im Vorfeld seien die Mitarbeiter darauf geschult worden, wie man mit dem damit verbundenen Beratungsbedarf und potenziellen Herausforderungen umgehe, berichtet die Inhaberin Claudia Neuhaus. Doch die hielten sich derzeit noch in Grenzen: „Als wir die Tests noch gar nicht hatten, war die Nachfrage groß, jetzt gar nicht mehr.“ Das habe wohl auch damit zu tun, dass die Selbsttests nicht apothekenpflichtig seien. „Viele wollen lieber anonym einen Test machen und kaufen ihn dann in der Drogerie.“ Wer mit einem positiven Testergebnis konfrontiert werde, sei in ihrer Apotheke willkommen. „Wir wollen in unserer Werbung vermitteln, dass wir auch die Kunden beraten und an die entsprechenden Adressen vermitteln, die den Test nicht bei uns gekauft haben.“
Ebenfalls seit Freitag verkaufen die Kollegen von der Apotheke Axel-Springer-Passage die HIV-Heimtests. Noch bewege sich die Nachfrage insgesamt im einstelligen Bereich, sagt ihr Besitzer Matthias Philipp. Seine Mitarbeiter seien durch ein vorheriges Briefing gewappnet, doch eine Beratung werde von den Kunden gar nicht so aktiv nachgefragt. „Wir geben von uns aus Informationen dazu, weil es da ja doch einiges zu beachten gibt.“ Philipp erwartet, dass die Nachfrage noch steigen wird: „Die Welle rollt erst an, mal sehen, was da auf uns zukommt.“
Erst seit gestern hält die Centro-Apotheke in Hamburg die Sets für den Heimgebrauch vorrätig. „Es wäre schön gewesen, wenn die HIV-Selbsttests nur in den Apotheken mit entsprechender Beratung erhältlich gewesen wären“, sagt Besitzer Rainer Koslowski. „Viele wissen gar nicht, ab wann das Virus nach der Infektion nachweisbar ist.“ Auch Koslowski ist in einem Netzwerk eingebunden. Für den 17. Oktober hat das schwule Checkpoint und Beratungszentrum Hein & Fiete alle Ärzte und Apotheken zu einem eigenen Vernetzungstreffen speziell zu den Selbsttests eingeladen.
Noch nicht im Angebot finden sich die Heimsets in der Kurfürsten- und der Oleander-Apotheke in München. „Wir wollen uns auf Autotest VIH von Ratiopharm konzentrieren, der angeblich sehr sensitiv ist“, sagt Besitzer Florian Singer. „Er wird erst in den nächsten Wochen angeliefert.“ Die Aufsteller stünden bereits in der Offizin und die ersten Nachfragen habe es auch schon gegeben. „Wir gehen davon aus, dass die Resonanz aufgrund der Medienberichterstattung noch zunehmen wird.“