Hersteller droht Apotheken mit Staatsanwalt Alexander Müller, 06.01.2011 10:28 Uhr
Zahlreichen Apotheken droht wegen der Nichteinhaltung der Rabattverträge ein Besuch vom Staatsanwalt. Der Hersteller Bendalis hat bundesweit 800 Apotheken wegen vermeintlich falscher Abrechnungen angeschrieben. Demnach haben die Apotheken Rezepte mit den Rabattpräparaten der Firma aus Oberhaching bedruckt, tatsächlich aber ein anderes Medikament abgegeben. Jetzt verlangt Bendalis von den Pharmazeuten Bezugsnachweise.
Konkret geht es um Alendronsäure und Pravastatin, über die Bendalis mit dem BKK-Gemeinschaftsunternehmen Spektrum K Rabattverträge geschlossen hat. Zwischen März und Juni 2010 sollen die Apotheken insgesamt 590 Packungen Alendronsäure über diese Verträge abgerechnet haben. Tatsächlich habe man aber nur rund 100 Packungen im Handel abgesetzt, so Bendalis. Bei Pravastatin seien sogar mehr als 90 Prozent aller Rezepte falsch mit Bendalis-Produkten bedruckt worden.
Die Fehler fielen dem Unternehmen bei der Abrechnung mit den Krankenkassen auf: „Die Herstellerrabatte, die wir an die Krankenkassen zahlen sollten, lagen zum Teil über unseren Umsätzen“, so Geschäftsführer Dr. Helmut Wolf gegenüber APOTHEKE ADHOC. Man wolle die Apotheker nicht unter Generalverdacht stellen, aber eine solche Fehlerquote könne wohl kaum zufällig entstehen.
Wolf zufolge haben 500 der 800 Apotheken, die im fraglichen Zeitraum mit Bendalis abgerechnet haben, falsche Angaben auf die Rezepte gedruckt. Diese Daten hatte der Hersteller bei Spectrum K und den Großhändlern abgefragt. Mehrere Apotheken hätten sich schon auf das Schreiben des Herstellers gemeldet und ihre Fehler zugegeben, teilte Wolf mit.
Bis zum 14. Januar können die Apotheker ihre Unschuld beweisen - oder die Fehler zugeben. Dazu sollen sie für die betroffenen Monate Belege anbringen, bei wem sie die Bendalis-Produkte bezogen haben.„Sollten Sie nach Prüfung Ihrer Unterlagen zu dem Ergebnis kommen, dass Sie fälschlicherweise die PZN eines unserer Präparate aufgetragen haben, gehen wir selbstverständlich von einer entsprechenden Korrekturmeldung an die Betriebskrankenkassen (mit Kopie an uns) bis zum 14.01.2011 aus“, heißt es in einem Schreiben an die Apotheken.
Erbringen die angeschriebenen Apotheker die Nachweise nicht, will Bendalis die eigenen Unterlagen wegen Betrugsverdacht an die Staatsanwaltschaft weitergeben.
In gewissem Maß hat Wolf Verständnis für die Apotheken: „Natürlich passieren solche Fehler auch, weil das System mit den Rabattverträgen in Deutschland viel zu kompliziert ist. Aber darunter dürfen wir als Mittelständler nicht leiden. Ich habe 50 Mitarbeiter, und für die trage ich die Verantwortung“, sagt Wolf. Nach seinen Berechnungen ist dem Unternehmen wegen der fälligen Abschläge ein Schaden von monatlich 20.000 Euro entstanden. Wie die Korrekturmeldungen und Rückabwicklungen der Abschläge funktionieren könnte, prüft der Hersteller derzeit intern.
Bendalis ist auf die Bereiche Hämatologie und Onkologie spezialisiert. Das Schwesterunternehmen Lyomark vertreibt ebenfalls Spezialpräparate und ist als Lohnhersteller und Dienstleister für andere Firmen tätig. Bendalis erwirtschaftet nach eigenen Angaben jährlich rund 15 Millionen Euro Umsatz, 60 Prozent davon in Deutschland. Das Unternehmen ist Wolf zufolge unabhängig von fremden Kapitalgebern.