Rezeptgeschäft lohnt nicht mehr

„Heim- und Klinikversorgung finanzieren meine Apotheke“

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Berlin -

In den Apotheken herrscht Unsicherheit. Inhaberinnen und Inhaber fragen sich, wie die Apothekenreform von Karl Lauterbach (SPD) ausfällt und was der Vorschlag der Kassen für sie bedeutet, die Honorierung zwischen Stadt- und Landapotheken trennen wollen. Allein über die Rezeptvergütung lasse sich die Apotheke nicht mehr finanzieren, sagt Landapotheker Johannes Jaenicke aus Rhaunen. Ohne seine Heim- und Klinikversorgung würde er schon in den roten Zahlen stecken.

Seit 25 Jahren betreibt Jaenicke die traditionsreiche Adler-Apotheke in dritter Generation. Dass sich das Vor-Ort-Geschäft irgendwann einmal nicht mehr rentieren werde, habe er nicht erwartet. Vor zehn Jahren habe die Lage noch anders ausgesehen. Aber mittlerweile ist er froh, weitere Versorgungsgebiete aufgebaut und die Apotheke digitalisiert zu haben. An zu wenig Kundschaft liegt es nicht, gerade wegen Schließungen anderer Apotheken gebe es einen Zulauf. Die Offizin-Apotheke sei jedoch abhängig vom Rx-Geschäft – und dort sei die Honorierung nicht ausreichend.

Arbeit im HV nicht bezahlbar

„Wir kämpfen auch. Wir sind hier relativ allein auf dem platten Land, aber die Apotheke an sich trägt sich nicht mehr. Die Abhängigkeit von Rezepten ist kein tragfähiges Konzept mehr“, sagt er. Die Arbeit, die die Angestellten in der Offizin leisteten, sei nicht bezahlbar. „Wir müssen das Geschäft Apotheke an sich ausgleichen.“ Noch nie habe es „so dramatische Zeiten wie jetzt“ gegeben.

Vor 16 Jahren begann Jaenicke, die Heim- und Klinikversorgung aufzubauen. „Es fing langsam an und macht heute einen eigenen, von der Apotheke abgekoppelten Bereich aus. Deshalb sieht man auch deutlich, wo es schiefläuft.“ Jaenicke versorgt mit seinem Blisterservice nicht nur rund 1600 Heimbewohnerinnen und -bewohner sowie Klinikpatientinnen und -patienten.

Blistern für Privathaushalte

Auch 250 Privathaushalte werden mit Blistern beliefert. „Wir haben in den ersten Jahren Lehrgeld bezahlt, aber sind mittlerweile stark im privaten Markt.“ 2021 wurde ein eigener Blisterautomat angeschafft. Die Kundschaft sei bereit, für den Service zu bezahlen – und zwar einen deutlich höheren Betrag als Heime. Auch für mobile Pflegedienste wird ein Blisterservice angeboten. „Die Heim- und Klinikversorgung finanzieren die Apotheke“, betont er.

Vor etwa einem halben Jahr begann Jaenicke, das Offzingeschäft auf die Ertragssituation anzupassen. Er kürzte die Öffnungszeiten und führte morgens zwischen 8 und 9 Uhr eine „telefonfreie Zeit“ ein. Die Apotheke habe zwar geöffnet, aber das Telefon stehe erst ab 9 Uhr bereit. „Wir kommunizieren das und es wird akzeptiert.“

Außerdem schließt die Adler-Apotheke jetzt statt um 19 Uhr bereits eine Stunde früher. Zusätzlich wurde eine einstündige Mittagspause eingeführt. „Das reicht immer noch, auf dem Land stellen sich die Kunden darauf ein.“ Die Änderungen seien mit dem Team besprochen worden und er habe Rückendeckung erhalten. Denn die Angestellten hätten dadurch mehr Raum, um bürokratische Arbeiten zu erledigen. „Es hat meinem Team gutgetan, dass die Schreibtische wieder einmal leer werden.“

Der Inhaber beschäftigt 50 Angestellte, darunter allein 15 PKA. „Ich bin nichts ohne meine Kollegen und brauche sie. Denn ich habe kein Interesse daran, die Apotheke zu verlieren.“ Die Anpassungen seien nötig gewesen, um zu verhindern, dass er zwar mehr Arbeit habe, aber keinen „Mehrgewinn“.

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