Heiligabend

Süßer die Notdienstglocken nie klingen

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Berlin -

An Heiligabend werden rund 1400 Apotheken die Stellung halten, wenn sich der Rest der Republik am Christbaum versammelt. Im Notdienstzimmer machen es sich hauptsächlich die Inhaber gemütlich. Vor allem in den Großstädten erwarten die Pharmazeuten zu Weihnachten großen Andrang. Auf Norderney hofft der Notdienstapotheker dagegen auf eine ruhige Bescherung im Kreis der Familie.

Im Schnitt kommen pro Nacht- und Notdienst insgesamt 20.000 Patienten in Apotheken. Besonders Eltern mit kleinen Kindern lösen häufig Rezepte von Kinderärzten ein. An Heiligabend und den beiden Weihnachtsfeiertagen werden ein Drittel mehr Rezepte von Patienten eingelöst als in normalen Notdiensten der Apotheken. Pro Jahr werden in mehr als 500.000 Notdiensten rund sieben Millionen Arzneimittel außerhalb der regulären Öffnungszeiten abgegeben. Dabei handelt es sich je zur Hälfte um Rx- und OTC-Präparate.

In Berlin haben an Heiligabend 20 Apotheken Notdienst. Darunter ist die Merlin-Apotheke von Marianne Valk und Helmut Kaeber. Um 14 Uhr schließt der Betrieb, dann müssen die Kunden läuten. Kaeber erwartet einen Kundenansturm. Heiligabend falle auf ein sehr langes Wochenende, sagt der Apotheker. In der Berliner Innenstadtlage sei dann erfahrungsgemäß viel zu tun. „Ich bin froh, wenn einmal 15 Minuten keiner kommt.“

Der Apotheker bestellt für den Nacht- und Notdienst wie viele Kollegen Arzneimittel vor: „Ich sorge dafür, dass ich ausreichend Fieberzäpfchen und -säfte für Kinder sowie gängige Antibiotika habe“, sagt er. Es komme aber auch vor, dass eine Mutter plötzlich noch Babynahrung oder Windeln brauche, und deshalb nachts klingele.

Der Notdienst an den Feiertagen sei ein „anstrengender Job“, sagt Kaeber. „Die Erholung davon kostet mich einen ganzen Tag.“ Die Einnahmen durch die Notdienstgebühr seien ein kleiner Trost. Die Kunden seien im Schnitt freundlich. Manchmal bringe jemand sogar Schokolade mit. Besonders weihnachtlich wird er es sich im Notdienstzimmer nicht machen. „Mir reicht das Schaufenster“, sagt er.

Etwa 14 Kilometer entfernt wird auch Susan Kalisz an Heiligabend in der Apotheke auf Kundschaft warten. „Schön ist der Notdienst an diesem Feiertag nicht“, sagt die Inhaberin der St. Rochus-Apotheke im Berliner Westen. Sie werde den Abend alleine verbringen. „Mit Familie geht das nicht.“ Die Kunden seien erfahrungsgemäß an Weihnachten aber freundlicher als sonst, sagt sie.

Auch in Hamburg erwartet Uwe Sander regen Betrieb. Seine Apotheke liegt zentral in St. Pauli. Zeit für ein Weihnachtsmenü werde es nicht geben, sagt der Inhaber der Jungborn-Apotheke. „Weihnachten ist nicht überall ein trautes Familienfest. Viele gehen auf die Piste“, sagt er 65-Jährige, der die Apotheke in dem belebten Kiez vor 28 Jahren übernommen hat.

Der Apotheker erwartet auch Kunden, die zu viel getrunken haben und Kopfschmerztabletten brauchen. Der Stadtteil habe sich gewandelt, sagt Sander. Früher habe er selbst noch einen Christbaum in der Apotheke aufgestellt. Seine Kundschaft wolle von Weihnachten nichts wissen. Das Publikum sei eher jung und alternativ. „Die Patienten sind nüchtern und wollen nichts weihnachtlich verpackt haben“, sagt er.

Gemeinsam mit seiner Frau Christine hält Sander die Stellung. In seinem Berufsleben sei es der zweite Heiligabend, den er arbeiten müsse. „Mitarbeiter kriegt man für diesen Feiertag nicht ran“, sagt er. Für besonders besinnliche Stimmung sorgt das Paar an dem Abend nicht. Bescherung werde es nicht geben. „Wir schenken uns schon seit Jahren nichts mehr. Das ist eine Einstellungssache.“

Ruhiger geht es auf Norderney zu. Die drei Apotheken haben zwar im Vergleich deutlich öfter Notdienst, doch außerhalb der Saison ist mit wenig Ansturm zu rechnen. In diesem Jahr ist Gunnar Majert an der Reihe. Der Inhaber der Park-Apotheke am Kurplatz hofft auf eine stille Nacht.

Denn nach 20 Uhr darf der Pharmazeut seine Offizin verlassen und nach Hause fahren. Die Bescherung werde deshalb nach hinten verschoben, sagt der Vater von drei Kindern. Kommen Kunden zum Notdienstschalter, wird die Anfrage auf sein Handy weitergeleitet. „In zehn Minuten bin ich in der Apotheke“, sagt er.

Auf der Nordseeinsel ist es um Weihnachten besinnlich. An Heiligabend erwarte er in der Regel nur Notfälle. Abstruse Anfragen oder Unfug kämen eigentlich nicht vor. Die Touristen kämen zu Silvester. Richtig voll werde es erst wieder im Frühjahr, sagt Majert. In der Hochsaison wird die ostfriesische Insel zwischen Juist und Baltrum von rund 50.000 Menschen bevölkert. Die Einwohnerzahl liegt bei rund 5500 Menschen.

Im Süden ist die Gemütslage in diesem Jahr getrübt. Der Grund: Angesichts der warmen Temperaturen erwartet man im Berchtesgadener Land keine weiße Weihnachten. Die Stimmung sei schon anders, sagt Maria Anna Winkler. Die Inhaberin der Watzmann-Apotheke in Berchtesgaden wird an Heiligabend übernehmen. „Man weiß nie was passiert“, sagt sie. Die Apothekerin macht alle Notdienste selbst. Auch Heiligabend sei ein Tag wie jeder andere.

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