Neue Versorgungskonzepte für ländliche Gebiete

Hausbesuche statt „Apotheke light“

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Berlin -

Die Apotheken befürchten nach der Anhebung des Kassenabschlags auf 2 Euro weitere Schließungen. Auch Landapotheken warnen vor den Folgen des neuesten Spargesetzes. Gleichzeitig hat die Ampel im Koalitionsvertrag angekündigt, die Versorgung auf dem Land verbessern zu wollen – und zwar durch Lockerungen. Apotheker Dr. Udo Puteanus vom Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen beschäftigt sich seit 2012 mit der Arzneimittelversorgung auf dem Land. Er regt an, das Angebot an pharmazeutischen Dienstleistungen auszuweiten und strukturelle Veränderungen wie den Notdienstfonds fortzuführen.

Seit 2012 ermittelt das Landeszentrum, ob die Anzahl der Landapotheken tatsächlich sinkt und die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln schlechter wird. Als Landapotheken werden laut Definition Betriebe gezählt, die im Umkreis von fünf Kilometern keinen Mitbewerber haben. „Wir hatten damals die Diskussion, ob die flächendeckende Versorgung in Gefahr ist“, sagt Puteanus. Tatsächlich stellte sich heraus, dass bis 2017 die Apothekenzahl zwar insgesamt zurückgegangen ist – das Minus bei Landapotheken aber „äußerst gering und nicht auffällig war“.

Mehr Schließungen seit 2017

Von den in NRW ermittelten rund 100 Landapotheken schlossen in dieser Zeit nur zwei Betriebe. „Aber zwischen 2017 und bis jetzt ist die Rate deutlich größer geworden und einige Landapotheken haben sich verabschieden müssen“, sagt er. Elf Betriebe seien verschwunden. Gerade in den besonders ländlichen Regionen in NRW wie in der Eifel, im Sauerland oder in Ostwestfalen müssten die Patient:innen jetzt weitere Wege zur nächsten Apotheke in Kauf nehmen. In manchen Orten seien mit dem Wegfall eines Betriebs der Definition zufolge „neue“ Landapotheken entstanden.

In den vergangenen Jahren habe es bereits Verbesserungen gegeben, um die Landapotheken zu entlasten, sagt Puteanus. Der Nacht- und Notdienstfonds (NNF) und die Bezahlung der Pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) seien wichtige Elemente. „Man müsste darüber nachdenken, ob man das noch weiter anpasst.“ Denn gerade in Städten sei nachts viel los, während Apotheken auf dem Land mit vielen Notdiensten oft wenig Kundschaft hätten.

Nur NNF ist zu wenig

Eine Anpassung des NNF reiche jedoch nicht aus. „Denn es ist zu beobachten, dass die Zahl der Ärzte abnimmt – und ohne Ärzte ist die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit von Apotheken gefährdet“, sagt er. Man könnte Apotheken wie Arztpraxen unterstützen, nennt er eine weitere Möglichkeit, auf dem Land mehr Betriebe zu halten. In kommunalen Projekten zur Primärversorgung seien die Landapotheken bisher kaum mit einbezogen worden, so Puteanus.

Auch die aktuelle Regierung will über neue Versorgungsformen auf dem Land nachdenken. Doch Diskussionen um eine „Apotheke light“, in der beispielsweise auf Labor oder Rezeptur verzichtet wird, seien „heiße Eisen“. „Das will man standespolitisch nicht.“ Zwar sei die Situation mit der Honorierung der Botendienste für Landapotheken ebenfalls besser geworden, doch der Lieferdienst ersetze keine Beratung. „Und Telepharmazie ist nicht für jeden etwas, da sich viele Menschen den direkten Kontakt zum Apotheker wünschen.“

Neue pDL: Hausbesuche

Puteanus schlägt Apotheker-Hausbesuche auf Rezept vor. Diese sollten als pDL eingestuft und vergütet werden. „Es ist besser, über eine Erweiterung der pharmazeutischen Dienstleistungen nachzudenken.“ Der Bedarf sei vorhanden, weil viele ältere Menschen ohne Verwandte auf Unterstützung angewiesen seien. „Apotheker könnten vorbeikommen, sich die Medikation ansehen und Risiken feststellen. Die Pflegedienste sind bei der Betreuung nicht so sehr auf Arzneimittel konzentriert.“ Nach der Beurteilung solle ein Bericht für den Arzt verfasst werden. „Das fände ich sehr attraktiv, nicht nur für den ländlichen Bereich.“ Wie die Leistung finanziert werden muss, müssten andere entscheiden.

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