Ärztehaus

Apothekerin schnappt Kollegen Mietvertrag weg

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Berlin -

Im nordrhein-westfälischen Hattingen entsteht derzeit ein neues Ärztehaus. Doch schon Monate vor der Eröffnung gibt es Streit unter den Apothekern. So wollte Riyad Rifaie, der eine Apotheke gegenüber dem neuen Ärztehaus betreibt, den lukrativen Standort für sich sichern. Doch kurz vor der sicher geglaubten Vertragsunterzeichnung teilte der Vermieter dem Pharmazeuten mit, dass er einer anderen Apothekerin den Vorzug gegeben habe. Der Konkurrenzkampf unter Apothekern wird mancherorts mit harten Bandagen geführt.

Gegenüber seiner Straussen-Apotheke soll ein Ärztehaus entstehen, in dem auch eine Apotheke Platz finden soll. Diese Nachricht dürfte Apotheker Rifaie mit gemischten Gefühlen vernommen haben. Zwar gilt ein solcher Standort als äußerst lukrativ. Doch Rifaie hat erst vor wenigen Jahren seine Straussen-Apotheke komplett umgebaut und modernisiert. Umziehen war unter diesen Umständen keine Option.

Dennoch hat sich der Apotheker mit dem Bauherren und Vermieter in Verbindung gesetzt. Der Plan: Er will im neuen Ärztehaus eine Filiale eröffnen und seine Straussen-Apotheke gegenüber trotzdem behalten. „Klar, das wäre eine Art Kannibalisierung“, räumt er ein. Doch den Standort einem Kollegen einfach so zu überlassen, sei allein aus wirtschaftlichen Gründen nicht in Frage gekommen.

Rund ein Jahr habe er mit dem Bauherren verhandelt. Der Termin für die Unterzeichnung des Vorvertrages stand bereits fest. „Ich wähnte die ganze Geschichte in trockenen Tüchern und habe mich sehr über die neuen Möglichkeiten gefreut“, berichtet Rifaie, der die Straussen-Apotheke 2010 übernommen hatte. Doch es sollte anders kommen.

Eine Woche vor der Unterzeichnung des Vorvertrags habe ihm der Bauherr mitgeteilt, die Räumlichkeiten stünden nun doch nicht zur Verfügung und würden stattdessen an Margarethe Seipolt, Inhaberin der Apotheke am Rathausplatz, vermietet. „Ich bin aus allen Wolken gefallen“, sagt der Pharmazeut.

Zwar sei es richtig, dass Apotheken sich überall ansiedeln können. Bedarf an einer weiteren Apotheke sieht Rifaie aber eigentlich nicht. Immerhin befinden sich mit der neuen Apotheke künftig neun der insgesamt 14 Hattinger Apotheken in der Innenstadt, argumentiert er. Auch wenn Wettbewerb mittlerweile auch bei Apotheken zum Alltag gehört, zeigt sich der Pharmazeut von dem Verhalten der Kollegin enttäuscht.

Das alles war allerdings kein Grund für Seipolt, von ihrem Vorhaben Abstand zu nehmen. Sie will ihre Filialapotheke voraussichtlich im September öffnen. Einen Namen gibt es auch schon: Augusta-Apotheke. „Ich muss konkurrenzfähig bleiben“, sagt sie. Es gehe nicht nur um ihre wirtschaftliche Zukunft. Sie habe auch Verantwortung für ihre Mitarbeiter. Die Apothekerin weiß, dass der Weg vieler Patienten aus der Arztpraxis direkt zur nächstgelegen Apotheke führt.

Außerdem habe es mehrere Bewerber für den Standort Augustastraße gegeben, so Seipolt. Den Zuschlag habe sie erhalten, weil der Bauherr und Vermieter der Räumlichkeiten im neuen Ärztehaus ihr bereits die Räume für ihre Hauptapotheke vermietet. Und überhaupt: „Wenn ich im neuen Ärztehaus keine Apotheke aufmachen würde, hätte es ein anderer gemacht“, betont die Apothekerin.

„Ja, ich“, sagt Rifaie. „Kein anderer Kollege hat sich um den Standort beworben, wohlwissend, dass es dort seit 40 Jahren eine Bestandsapotheke und keinen Bedarf für eine weitere gibt.“

Unter den Apothekern in der Innenstadt sind die Meinungen über noch eine Apotheke in der Altstadt zumindest geteilt. Dr. Han Lian Tan, der die Weiltor-Apotheke in bester Innenstadtlage betreibt, blickt entspannt in die Zukunft und vertritt die Ansicht, dass Konkurrenz das Geschäft belebt. Unsicher oder gar besorgt sei er wegen der neuen Filiale im Ärztezentrum nicht, sagte er der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ). Auf seine Stammkunden sei Verlass.

Rolf Jägers, Inhaber der Paracelsus-Apotheke und der Carré-Apotheke, erklärte der Zeitung allerdings, viele Kollegen seien „fassungslos“, dass es bald die neunte Apotheke in der Innenstadt gebe. Zumal das Geschäft nicht einfacher geworden sei. „Bei jeder neuen Apotheke muss man sich wieder Gedanken über die eigene wirtschaftliche Zukunft machen“, sagte er.

Trotz des Ärgers über die Absage des Vermieters versucht Rifaie positiv in die Zukunft zu blicken. „Ändern kann ich es ja eh nicht“, sagt er. Stattdessen vertraut der Apotheker auf seine Stammkunden: „Ich traue ihnen schon zu, 15 Meter über die Straße zu gehen und bei mir ihre Rezepte einzulösen“. Rifaie rechnet sich außerdem aus, dass er nach der Errichtung des Ärztehauses auch einige neue Kunden hinzugewinnen kann. Denn bisher gab es seinen Angaben nach nur zwei Ärzte in unmittelbarer Nähe.

Sobald das neue Ärztehaus fertig ist, wird es sich radikal ändern. So sollen dort nach Angaben von Seipolt mindestens sieben Arztpraxen verschiedener Fachrichtungen, darunter eine allgemeinmedizinsche Gemeinschaftspraxis, und eine Physiotherapiepraxis untergebracht werden. „Es werden ja nicht alle Patienten die Apotheke im Ärztehaus aufsuchen“, hofft der Apotheker.

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