Neuanfang nach Rausschmiss Eugenie Ankowitsch, 27.02.2017 14:01 Uhr
Als der Mietvertrag von Apothekerin Annette Sieckmann-Linck plötzlich nicht mehr rechtskräftig war, musste sie sich auf die Suche nach neuen Räumlichkeiten begeben. Eine Apotheke „von der Stange“ kam für die Pharmazeutin nicht in Frage. Doch weshalb in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah: Und so beauftragte Sieckmann-Linck ihren Bruder mit der Gestaltung ihrer neuen Apotheke. Er ist zwar Architekt, hatte aber zunächst keinerlei Erfahrung mit Apothekenumbau.
Gerüchte habe es schon lange gegeben: Die Flachbauten, die während und kurz nach dem Krieg in Wandsbek, einem von sieben Bezirken in Hamburg, entstanden sind, sollten abgerissen und das gesamte Gebiet komplett saniert werden. „Ich habe die Entwicklung mit Sorge verfolgt“, erinnert sich Sieckmann-Linck, deren Elefanten-Apotheke sich in einem der Gebäude befand. „Doch die Hausverwaltung hat immer wieder beschwichtigt“, berichtet sie.
Die Apothekerin wähnte sich zumindest bis zum Jahr 2022 sicher. Solange lief noch die Verlängerungsoption ihres Mietvertrags. Doch dann hieß es, der Mietvertrag mit sämtlichen Optionen sei nicht mehr rechtskräftig, wenn die Stadt Hamburg ein Projekt durchführe. „Da habe ich Muffensausen bekommen“, erinnert sie sich. „Nach 81 Jahren an ein- und demselben Standort auf einmal zu hören bekommen, dass es nicht weiter geht, hat mir einige schlaflose Nächte bereitet, gerade auch, weil ich mit meinen 40 Jahren noch am Anfang meiner Karriere stehe.“
Und so machte sich die Pharmazeutin auf die Suche nach neuen Räumlichkeiten. Die Krux bei der Sache war: Da die Apotheke schon so lange in Wandsbek beheimatet war, hatte sie laut Sieckmann-Linck sehr viele Stammkunden, die bei einem Standortwechsel verloren gehen könnten. „ Es stand also fest: Die neuen Räume mussten in der Nähe sein“, erklärt sie.
Und tatsächlich wurde die Apothekerin schon bald fündig. Die Lage sei perfekt gewesen: Die Räumlichkeiten liegen genau gegenüber der alten Apotheke. Doch der Schnitt der Räume gefiel der Pharmazeutin nicht. „Relativ eng und schlauchförmig, mit zwei Ausgängen: So hatte ich es mir eigentlich nicht vorgestellt“, erinnert sie Linck. Am Ende hat sie sich doch – in erster Linie wegen der Lage und mangels Alternativen – dafür entschieden.
Doch die Apotheke musste vollkommen neu gestaltet werden: Die alten Möbel hätten in die neuen Räume schlicht nicht gepasst. Die Apothekerin hat die einschlägigen Einrichter angeschrieben und sich Angebote für die Gestaltung ihrer neuen Offizin eingeholt. Doch es war nichts Passendes dabei. „Ich wollte keine Apotheke „von der Stange“, sagt sie. „Wenn ich schon von vorn beginnen musste, wollte ich auch etwas Besonderes, was exakt meinen Vorstellungen entspricht.“
Deshalb hat Sieckmann-Linck einen Ratschlag ihres Bruders eingeholt, der zwar Architekt ist, aber bis dahin keine Erfahrungen in der Gestaltung und Umbau von Apotheken hatte. Letztendlich beschlossen die Geschwister, gemeinsam die neue Apotheke zu entwerfen. „Mein Bruder hat die Apothekenbetriebsordnung studiert, um all die Anforderungen ganz genau berücksichtigen zu können“, sagt sie. Der Einsatz hat sich gelohnt: Der erste Entwurf des Architekten stieß bei der Pharmazeutin auf Begeisterung. „Zugegeben, wir haben einen ähnlichen Geschmack“, sagt sie. „Aber ich habe nicht erwartet, dass er auf Anhieb meine Vorstellung so genau umsetzt.“ Gemeinsam haben die Geschwister lediglich einige kleine Modifizierungen vorgenommen. Es folgte ein Ausschreibungsverfahren und bald konnten Handwerker ihre Arbeit anfangen.
Rund zehn Wochen hat die Bauphase nach Angaben der Pharmazeutin gedauert. Ende Oktober stand der Umzug an. Zwölf Mitarbeiter arbeiteten von Freitagnachmittag bis Sonntagabend bis in die Nacht hinein, um die Mammutaufgabe „Apothekenumzug“ zu bewältigen. Die Kisten mussten gepackt, transportiert und wieder ausgepackt werden. Allein 8000 Packungen mussten im neuen Kommissionierer eingelagert werden. „Da er nicht vollautomatisch ist, musste jede Packung per Hand eingescannt werden“, berichtet die Apothekerin. Am Ende habe alles mehr oder weniger reibungslos geklappt, sodass der Amtsapotheker bei der Revision am Montag keine Beanstandungen hatte und sich sogar zu einem Lob hinreißen ließ.
„Wir haben eine helle, moderne und einzigartige Apotheke geschaffen“, berichtet die Pharmazeutin sichtlich stolz. „Es macht so viel Spaß, endlich mehr Freiraum zu haben“. Denn die neuen Räumlichkeiten haben nicht nur insgesamt 100 Quadratmeter mehr als der alte Standort. Der Offizinbereich konnte laut Sieckmann-Linck fast verfünffacht werden: Während der alte Verkaufsbereich mit lediglich 33 Quadratmetern ziemlich klein ausfiel, gibt es in den neuen Räumen mit 154 Quadratmeter genügend Platz für sechs Kassenplätze, eine Kinderecke, umfangreiche Frei- und Sichtwahl sowie ausreichend Raum für die Kunden. „In der alten Apotheke standen sie zu Stoßzeiten manchmal auf der Straße, weil sie nicht mehr in die Offizin rein passten“, erzählt sie.
Die Apothekerin hat nicht nur ihr Kosmetiksortiment um zwei komplette Pflegeserie erweitert. Sie hat außerdem eine Kosmetikerin – zunächst auf Stundenbasis – angestellt, um die Qualität in der Kosmetikberatung zu steigern. „Eine Mitarbeiterin ist auf Reiseapotheke-Beratung spezialisiert“, so die Apothekerin. Nun fand sich auch Platz für ein spezielles Regal ausschließlich für Produkte und Arzneimittel, die in jede Reiseapotheke gehören.