„Mir war klar, dass ich etwas machen muss“

Hänel: Erst PKA, jetzt Oppositionsführerin

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Berlin -

Der Sinn für Gerechtigkeit wurde bei Daniela Hänel sehr früh geprägt. Als Jugendliche in der DDR aufgewachsen, will die Apothekerin aus Zwickau über den Verein Freie Apothekerschaft mit einer Klage gegen die Bundesrepublik eine regelmäßige Honorarüberprüfung für Apotheken durchsetzen. Die 49-Jährige setzt sich mit viel Herzblut für ihre Kolleginnen und Kollegen ein – die Energie und der Antrieb als „Opposition“ aufzutreten, stammt aus dem Drang, „auch mal den Mund aufmachen“ zu können.

Hänel kam über Umwege zur Selbstständigkeit. „In der DDR war es für mich schwierig zu studieren, da meine Eltern nicht in der SED waren. Aufgrund meiner Kindheit und meiner Erziehung bin ich parteipolitisch neutral“. Eigentlich träumte sie in der Schule davon, Schaufensterdekorateurin zu werden. „Doch diesen Beruf gab es nur unter der Hand.“ Letztlich löste ein Schulpraktikum in einer Apotheke, die zu DDR-Zeiten ein pharmazeutisches Zentrum war, den Wunsch aus, einen pharmazeutischen Beruf auszuüben. „Ich durfte Tee abfüllen und bei der Warenannahme mithelfen“, erinnert sie sich.

PKA-Ausbildung als Eintrittstor

Besonders der „Duft“ der Apotheke blieb ihr positiv im Gedächtnis. Dass sie dort viel putzen musste, dagegen eher negativ. „Deshalb muss auch keine Praktikantin oder kein Praktikant bei mir sauber machen.“ Hänel entschied sich, eine PKA-Ausbildung anzutreten. In den drei Jahren fand sie in den Zahlen und dem Rechnungswesen eine neue Leidenschaft – schon immer sei sie eher naturwissenschaftlich interessiert gewesen. „Im dritten Lehrjahr starb mein damaliger Chef. Daraufhin musste ich alles Kaufmännische alleine machen, was im Nachhinein gut für mich war, weil ich dadurch sehr viel gelernt habe.“

Im Anschluss gab es zwar die Überlegung noch eine PTA-Ausbildung anzuhängen, doch Hänel wollte eigentlich mehr. Pharmazieingenieurin konnte sie nicht mehr werden, weil die Ausbildung nicht mehr angeboten wurde. Sie pokerte, bewarb sich um ein Pharmaziestudium und erhielt 1996 auch sofort eine Zusage für Jena. Das einjährige Praktikum wollte sie in einer Vor-Ort-Apotheke in Zwickau und einer Klinikapotheke absolvieren. „Ich habe dem Krankenhaus abgesagt, weil mir es so viel Spaß in der Apotheke gemacht hat, es gab viel Stammkundschaft, es war sehr persönlich und familiär.“

Wunsch nach Selbstständigkeit

Sie war bis zur Geburt ihrer Tochter im Jahr 2004 in Vor-Ort-Apotheken tätig. Im Jahr darauf wurde der Wunsch nach einer eigenen Apotheke und mehr Verantwortung größer; sie übernahm 2006 ihren ersten Betrieb in Plauen. „Die Apotheke war für damalige Verhältnisse relativ teuer, aber das Risiko gehst du ein, das ist auch heute teilweise noch so.“ In dieser Zeit wurden die Kontakte zum MVDA immer größer und kurz darauf war sie für die Organisation der gesamten Freiwahl und mit für die Industriekontakte verantwortlich und wurde in den Vorstand gewählt. „Daran erkennt man, dass ich schon ein bisschen Vorstandsluft geschnuppert habe.“

Die Filiale gab sie aufgrund von approbierter Personalnot und hoher Belastung bei zu wenig Honorierung vor drei Jahren ab. Seitdem konzentriert sie sich auf ihre 2009 gegründete Linda Apotheke in der Nordvorstadt in Zwickau in einem Einkaufszentrum. Auch berufspolitisch gab es einen Wandel, 2020 legte sie beim MVDA/Linda alle Ämter nieder.

Doch so richtig abschalten und die Standesvertretung machen lassen, ist nicht ihr Ding. „Aufgrund der äußeren Umstände, die Pandemie, der Fachkräftemangel und die fehlende Honorierung und dass die damalige Standesvertretung die Versprechungen nicht gehalten hat, das Rx-Versandverbot gekippt wurde, war mir klar, dass ich etwas machen muss.“ Sie trat 2019 bei der Freien Apothekerschaft ein und wurde zwei Jahre später zur Vorsitzenden gewählt. Doch Hänel ist kein Mensch, der sich als Vorsitzende in den Mittelpunkt stellen will. „Ich habe gleich gesagt, ich brauche Unterstützung.“

Man muss bodenständig bleiben und darf nicht abheben

Mit dem Verein will sie sich jetzt auf das Honorar konzentrieren. „Wir bekommen ständig Nachrichten von unseren Mitgliedern, womit wir uns noch befassen sollen, aber ich sage, wir fokussieren uns, sonst verzetteln wir uns.“ Dieser Fokus ist auch ein bisschen Eigenschutz, denn seit Bekanntwerden der Klage steigen die Mitgliedszahlen täglich: von knapp 150 im Jahr 2021 auf jetzt über 900. Dieser Erfolg ist Hänel nicht zu Kopf gestiegen: „Man muss bodenständig bleiben und darf nicht abheben“, sagt sie.

Da der Verein ehrenamtlich arbeitet, können Hänel und ihre Mitstreiter aktuell nicht alle offenen Themen anpacken. „Das wird alles in unserer Freizeit und während dem Einsatz in der eigenen Apotheke erarbeitet.“ Die Apothekerin legt deshalb auch bewusst Wert auf ihr Privatleben: Entspannen im Garten, auch mit einem Krimi, beim Umbau oder im Wohnmobil mit der Familie. Ein weiterer Grund, weshalb sich der Verein auf das Apothekenhonorar fokussiert hat, dass all die Veranstaltungen, Gespräche, Mails und Briefe an die vielen Angeordneten und auch zuletzt die Protestmaßnahmen wenig bis nichts gebracht hätten.

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