Haben Sie homöopathieverträgliche Zahnpasta? Sarah Sonntag, 22.04.2018 07:56 Uhr
In der Apotheke haben wir für jeden Kunden ein Ohr. Die Menschen haben die unterschiedlichsten Bedürfnisse: Während der eine ein Antibiotikum für seine virale Infektion fordert, braucht der andere eine Beratung zu homöopathischen Arzneimitteln. Ich bin ja schon glücklich, wenn die Globuli gegen Ohrerkrankungen nicht im Ohr landen...
Der Notdienst macht mir wieder bewusst, dass die Apotheke einen niedrigschwelligen Zugang zu Gesundheitsinformationen bietet. Ich sitze im Büro, habe einen Stapel von Dingen zu erledigen, die sich angesammelt haben. Dokumentation, Rezeptkontrolle… Wie eine Baumarkt-Werbung so schön sagt: „Es gibt immer was zu tun!“ Nach dem ganzen Papierkram muss ich noch ein Hotel für die nächste Reise buchen, mal sehen, wie der Dienst heute wird. Ich hole mir was zu trinken und mache mich an die Arbeit. Das Frühlingswetter motiviert!
Das Telefon klingelt mehrmals.
In der Leitung eine Frau: „Hat die Apotheke heute geöffnet?“ Mal nicht das Klassische: „Haben Sie heute Notdienst?“
Ich: „Wir haben Notdienst. Wie kann ich Ihnen helfen?“
Frau: „Haben Sie homöopathieverträgliche Zahnpasta?“
Ob das jetzt ein Notfall ist oder nicht, darüber lässt sich sicher streiten. Da es aber noch nicht so spät ist, mache ich mir nichts weiter daraus. „Ich schaue mal im Computer, ob wir etwas an Lager haben.“ Sie ergänzt: „Ich nehme derzeit Globuli ein. Damit es nicht zu Wechselwirkungen kommt und die Therapie nicht beeinträchtigt wird, soll ich zum Beispiel auf Kaffee und auf mentholhaltige Bonbons, Tees und Zahnpasta verzichten. Das hat mir mein Heilpraktiker empfohlen.“
Kein Grund für Zweifel, wenn das der Heilpraktiker sagt, muss das doch stimmen. Nach der Lehre der Homöopathie können Homöopathika durch manche Substanzen und Einflüsse „antidotiert“ werden. Deshalb wird bei der Einnahme derartiger Präparate dazu angeraten, auf bestimmte Stoffe zu verzichten. Schließlich soll die Homöopathie wirken und nicht am Verhalten der Patienten scheitern!
Leider habe sie verschlafen, rechtzeitig für Ersatz zu sorgen, räumt die Dame noch ein. Na gut… „Wir haben Produkt X da, das können Sie auf jeden Fall zeitgleich mit ihren Globuli verwenden. Es gibt keine Interaktionen.“ Die Kundin ist erfreut und möchte, dass ich das für sie zurücklege. „Ich mache mich sofort auf den Weg. Toll, dass Sie heute vor Ort sind.“
Die ABDA-Datenbank zeigt bei Globuli keine Wechselwirkungen an – komisch. Das „muss“ doch bei den Hinweisen für den Patienten stehen? Ich meine, wenn die Zuckerkügelchen apothekenpflichtig sind, dann liegt das doch nahe. Unverantwortlich… Sogar die Homöopathen sind konsequenter als wir. Ich schaue mir den Preis an, die Packung mit 75 ml Inhalt kostet 4,50 Euro. Eine normale und relativ qualitative Marken-Zahnpasta kriegt man doch schon für 0,65 Euro…? Die homöopathischen Potenzen könnten auch hier Anwendung finden.