Den Apothekern mangelt es nicht an Fachkompetenz; sie nehmen sich nur zu wenig Zeit, um nach den Symptomen und der Begleitmedikation ihrer Patienten zu fragen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des Marktforschungs- und Dienstleistungsunternehmens Pesquisa. Mitarbeiter der Firma hatten 109 Apotheken im Landkreis Heilbronn getestet.
Die Apotheken wurden in insgesamt 327 Besuchen mit drei Testszenarien konfrontiert: In Fall A klagte der Testkäufer über anhaltende Kopfschmerzen, bei denen Aspirin plus C seit drei Tagen nur zu einer kurzfristigen Linderung geführt habe. Auch in Fall B wurde Acetylsalicylsäure (ASS) verlangt; der Patient nahm parallel Plavix (Clopidogrel) zur Blutverdünnung ein. In Fall C suchte der Testkäufer ein Johanniskrautpräparat für seine Schwester, die mit hormonellen Kontrazeptiva verhütet. Die Begleitumstände sollten die Apotheker aktiv erfragen.
In 15 Apotheken erhielten die Testkunden in allen drei Szenarien ein geeignetes Arzneimittel beziehungsweise eine richtige Empfehlung, ohne dass sie selbst nach möglichen Wechselwirkungen fragen mussten.
50 Apotheken gaben zu zwei Fragestellungen geeignete Empfehlungen oder Arzneimittel ab, davon 44 ohne zusätzliche Nachfragen von Seiten der Kunden.
33 Apotheken versagten in einem einzelnen Szenario trotz Hinweisen und Rückfragen der Testkäufer; in keiner Apotheke erhielten die Tester bei zwei oder gar allen drei Besuchen ungeeignete Empfehlungen oder Arzneimittel.
In acht Fällen verweigerten die Apothekenmitarbeiter die Beratung mit dem Hinweis, man stehe für Testkäufe nicht zur Verfügung. Offenbar waren die Apotheker gewarnt worden: Der Präsident der Landesapothekenkammer Baden-Württemberg, Dr. Günther Hanke, hatte Pesquisa zufolge Ende Februar in einem Rundschreiben auf die Testkäufe hingewiesen.
Das Gesamturteil der Tester fällt positiv aus: „Meistens erhielten die Testkäufer nach einer sorgfältigen Erfassung der Beschwerden und der Krankengeschichte durch den Apotheker geeignete Empfehlungen, oder es wurden geeignete Produkte abgegeben“, teile Pesquisa mit. In jedem dritten Fall sei den Angaben zufolge allerdings die systematische Erfassung der Anamnese nicht sorgfältig genug durchgeführt worden, um den Kunden sachgerecht beraten zu können.
Insgesamt verwiesen die Apotheker in drei von vier Fällen den Patienten an einen Arzt - eine Maßnahme, die sich Pequisa in allen Szenarien gewünscht hätte. In diesem Zusammenhang ist die Abfrage der Krankengeschichte offenbar von Vorteil: Nach einer umfassenden Anamnese rieten sogar 119 von 133 Apothekern (89 Prozent) zum Arztbesuch; erfolgte die Erfassung der Krankengeschichte lückenhaft, wurde den Patienten nur in 56 Prozent der Fälle ärztlicher Rat nahe gelegt.
Bereits im August vergangenen Jahres hatte die Firma Apotheken im Ulmer Raum getestet. Auch damals lautete das Ergebnis: „Wer sich Zeit nimmt, berät den Kunden in der Regel auch gut.“ Geschäftsführer von Pequisa ist Egon Friedrich Siebein, Gründer des heute zu Stada zählenden Generikaherstellers Aliud. Siebein hatte Pequisa vor anderthalb Jahren gegründet, bei Aliud führt Sohn Dr. Ralf Siebein die Geschäfte.
Bislang testet Pequisa eigenen Angaben zufolge in Eigenregie. Es gebe jedoch Interessenten für die Arbeiten des Unternehmens. Derzeit seien Apothekentests im Stuttgarter Raum in Planung, sagte eine Sprecherin von Pequisa gegenüber APOTHEKE ADHOC.
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